Immer mehr Eisbären stranden auf Island: Behörden greifen zum Gewehr
Eisbärenbesuche auf Island häufen sich. Die Behörden kennen darauf nur eine Reaktion: Erschießen. Dagegen regt sich nun Widerstand.
STOCKHOLM taz | Vor ein paar Tagen war es in Island mal wieder so weit. Die Besatzung eines Fischerboots erspähte im Morgengrauen einen Eisbären, der an einer unbewohnten Strandzone im Nordwesten Islands ans Ufer geschwommen war. Wenige Stunden später erschossen zwei Jäger von einem Hubschrauber aus den Bären. Per Pressemitteilung meldete die staatliche Umweltschutzbehörde "Umhverfisstofnun" Vollzug: Eisbär bei Hornströndum um 14.21 Uhr getötet.
Eisbärenbesuche auf Island werden häufiger in letzter Zeit. Eine Auswirkung des Klimawandels wird vermutet: Das Eis zwischen Grönland und Island wird dünner und instabiler. Die Gefahr wächst, dass Eisbären auf kleinen, abgebrochenen Eisschollen isoliert und weite Strecken abgetrieben werden. Die Eisgrenze verläuft derzeit etwa 100 Kilometer von Nordwestisland entfernt. Die jetzt an Land gekommene vier Jahre alte Eisbärin legte offenbar eine weite Strecke schwimmend zurück.
"Ich finde es tragisch, dass unsere einzige Reaktion ist, diese Tiere zu töten, wenn sie bei uns an Land kommen", beklagte sich nach dem jüngsten Vorfall der Oberbürgermeister von Reykjavík, Jón Gnarr. Tatsächlich lautet die Empfehlung der Umweltbehörde, dass Eisbären grundsätzlich erschossen werden sollen.
Wanderer hätten vorbeikommen können
Im konkreten Fall habe zwar keine Gefahr für Anwohner bestanden, es hätten aber Wanderer im fraglichen Gebiet vorbeikommen können. Die habe man mangels Mobiltelefondeckung nicht warnen können. Und man habe keine Ressourcen, in entlegenen Regionen die Bewegungen eines solchen Tiers rund um die Uhr zu bewachen.
Die Bürgerinitiative Polar Bear Project fordert hingegen die Ausweisung eines abgegrenzten Gebiets, in dem in Island an Land kommende Eisbären ausgesetzt werden können. Ein anderer Vorschlag der Eisbärenfreunde lautet: Die Tiere sollten betäubt und nach Grönland zurückgebracht werden. "Wenn der Eisbär aus 50 Meter Entfernung erschossen wurde, wäre es genauso gut möglich gewesen, ihn zu betäuben", sagt ein Aktivist.
Das sei zu teuer und riskant, beteuerten Umwelt- und Polizeibehörden bislang: Außerdem habe Grönland sich bei früheren Gelegenheiten geweigert, auf Island gefangene Tiere zurückzunehmen.
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