Imker-Prozess am Europäischen Gerichtshof: Erfolg für Gentechnikgegner

Der Europäische Gerichtshof stuft gentechnisch verunreinigten Honig wohl als Gentechlebensmittel ein. Imker könnten sich dann besser gegen Genfelder wehren.

Bienen interessieren sich doch für Maispollen - ein Hobbyimker aus Augsburg hat's bewiesen. Bild: dpa

FREIBURG taz | Honig darf nicht verkauft werden, wenn er Pollen des gentechnisch veränderten Mais MON 810 enthält - selbst wenn die Verunreinigungen äußerst gering sind. Das folgt aus dem Schlussantrag von Generalanwalt Yves Bot im sogenannten Imker-Prozess am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Meist folgen die Richter des EuGH den Gutachten des unabhängigen Generalanwalts. Das deutsche Bündnis zum Schutz der Bienen vor Agrogentechnik begrüßte den Schlussantrag, den das Gericht am Mittwoch veröffentlichte.

Ins Rollen gebracht hatte das Verfahren der Hobbyimker Karl-Heinz Bablok aus Kaisheim bei Augsburg. Zu seinem Ärger führte die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft zwei Kilometer von seinen Bienenstöcken Anbauversuche mit dem Mais MON 810 des US-Herstellers Monsanto durch.

Bablok verlangte Unterlassung oder zumindest Schutzmaßnahmen. Doch die Forscher meinten, dass Bienen sich eh nicht für Maispollen interessierten. Um das Gegenteil zu beweisen, postierte Bablok seine Bienen im Abstand von 500 Metern zu den Versuchsfeldern und ließ anschließend Pollen und Honig untersuchen.

Ergebnis: Im Honig fanden sich geringe Mengen genveränderten Mais-Erbguts. Deutlich belastet war der Pollen, den Bablok bisher als Nahrungsergänzungsmittel verkaufte. Zeitweise brachte Bablok seine ganze Ernte zur Müllverbrennungsanlage, weil er sie nicht für verkehrsfähig hielt.

Bablok sah also seine Befürchtungen bestätigt, der Streit landete vor Gericht, nach mehreren Instanzen beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH). Der wiederum bat den EuGH um Auslegung des EU-Gentechnikrechts.

Für Generalanwalt Yves Bot, der das Urteil vorbereitet, ist dabei klar: Honig und Pollen, die Erbgut von genveränderten Organismen (GVO) enthalten, brauchen eine Zulassung für genveränderte Lebensmittel. Es kommt dabei nicht darauf an, wie hoch der GVO-Anteil ist. Irrelevant sei auch, ob die GVO-Anteile absichtlich zugefügt wurden. Faktisch liefe dies auf ein Verkaufsverbot für genverunreinigten Honig und Pollen hinaus, da der Gentechmais MON 810 bisher nicht als Lebensmittel zugelassen ist.

Wenn der EuGH dem Generalanwalt folgt, muss der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wohl eine "wesentliche Beeinträchtigung" Babloks durch den Anbau von GVO-Mais in seiner Nähe annehmen. Bablok kann dann zumindest Schadensersatz vom Freistaat Bayern verlangen.

Derzeit ist der Streit zwar etwas entschärft, weil die Anbauzulassung des Genmais seit 2009 in Deutschland ausgesetzt ist. "Der Streit hat aber grundsätzliche Bedeutung", sagt Thomas Radetzky vom Bündnis zum Schutz der Bienen vor Agrogentechnik, "das Gutachten des Generalanwalts ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Nulltoleranz: Jede geringste GVO-Verunreinigung macht ein Lebensmittel dann zum GVO-Lebensmittel, mit allen Folgen."

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