: Imagewerbung vor millionenstarkem Publikum
■ Fernsehdebatten zwischen den Kandidaten sind Teil des Wahlkampfrituals
Wer nach seiner Eintragung in die Wählerlisten, die in den USA Voraussetzung für die Teilnahme an den Wahlen ist, dann noch Orientierungshilfe sucht, darf am 11., 15. und 19. Oktober den Fernseher einschalten, um die Präsidentschaftskandidaten erstmals im direkten Rededuell zu erleben; am 13. Oktober treten die Anwärter auf das Amt des Vizepräsidenten vor die Kameras. Eigentlich hätte die erste Runde längst stattfinden sollen, doch Amtsinhaber George Bush hatte die Teilnahme verweigert: Ihm paßte weder die von einer überparteilichen Kommission festgelegte Anzahl von drei Runden noch die Diskussionsleitung durch einen einzelnen Moderator, was dem Ganzen eher den Charakter eines spontaneren Streitgesprächs gegeben hätte. Soviel rhetorischer Spielraum kann Bush gefährlich werden, der an schlechten Tagen hörbare Probleme mit Satzbau und Argumentationslogik hat. Nach tagelangen Verhandlungen zwischen beiden Wahlkampfteams einigte man sich auf einen Kompromiß: Die erste Debatte am 11.Oktober wird durch Fragen mehrerer Journalisten dirigiert, die zweite durch einen Moderator, die dritte wird sowohl das eine als auch das andere enthalten.
Unter diesem Kompromiß leidet der demokratische Kandidat Bill Clinton weniger als unter der Tatsache, daß ein drittes Rednerpult für Ross Perot dazugestellt wird. Der hatte sich zur Teilnahme bereit erklärt, wenn „man mich einlädt“. Ihn und seinen Vizekandidaten Jim Stockdale, Ex-Admiral, Kriegsgefangener in Vietnam und politisches Greenhorn, auszuschließen, trauten sich die Demokraten nicht zu fordern. Dem republikanischen Wahlkampfteam kommt es sogar gelegen, denn Perot kann den Angriffen Clintons vor allem gegen Bushs Wirtschaftspolitik einiges an Schärfe nehmen. Daß die Diskussionen dadurch niveauvoller werden, darf allerdings bezweifelt werden.
TV-Debatten zwischen den Kandidaten sind seit dem Präsidentschaftsrennen 1960 zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon Teil des Wahlkampfrituals. Ihre Bedeutung ist zunehmend gewachsen — nicht weil dort inhaltliche Diskussionen geführt werden, sondern weil die Kandidaten dort ihr Image aufbauen können — oder das des anderen zerstören. Bill Clinton muß diese Gelegenheit nutzen, um im direkten Vergleich mit dem Präsidenten selbst präsidial zu wirken. Für George Bush sind die Debatten die möglicherweise letzte Chance, das Image eines potentiellen Verlierers abzuschütteln. Beide werden zudem versuchen, bei dieser Gelegenheit die Schmutzflecken von den Hemden zu klopfen, die von den zunehmend aggressiven und persönlichen Wahlkampfattacken der letzten Wochen stammen.
Wem Wahlkampf in der Realität zuwider ist, kann sich auch in die Fiktion flüchten. Hollywood hat rechtzeitig den Spielfilm „Bob Roberts“ in die Kinos gebracht — eine bösartige Satire über einen Börsen-Yuppie und Countrysänger, der mit reaktionär-schmissigen Liedtexten seinen Wahlkampf um ein Senatorenamt führt. Weil er wegen Berichten über Verwicklungen in die Iran-Contra-Affäre, einen Bankenskandal und Drogengeschäfte in den Meinungsumfragen zurückfällt, simuliert er am Ende sogar ein Attentat gegen sich selbst — und gewinnt. Die Moral der Geschichte, was Wahlversprechen und Wahlkampftaktiken angeht, kommt beim Publikum an: Nichts glauben und alles für möglich halten.
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