piwik no script img

Imageschaden für Universität BayreuthGuttenbergs Uni will seriös werden

Die Alma Mater des Verteidigungsministers hat lange mit ihrem berühmten Absolventen geworben. Jetzt versucht die Uni Bayreuth die Loslösung vom Skandalminister.

Unter der seriösen Literatur ist Guttenbergs Arbeit in der Bibliothek der Rechtswissenschaften an der Universität Bayreuth nicht mehr zu finden. Bild: dapd

BAYREUTH taz | Auf eine große Geschichte kann die Universität Bayreuth, Gründungsjahr 1975, nicht zurückblicken. Mit besonderem Stolz schaut sie daher auf die wenigen berühmten Absolventen. Bis vorvergangene Woche zählte zu den besonders vorzeigbaren Alumni Karl-Theodor zu Guttenberg, Adelssprössling aus dem nur 30 Kilometer entfernten gleichnamigen Ort, Student der Rechtswissenschaften von 1992 bis 1999, mittlerweile Bundesverteidigungsminister und seit langem der Deutschen populärster Politiker.

Auf dem zentralen Platz des Universitätscampus, witzelt Michael Weh, hätten sie vor kurzem noch fast eine Guttenberg-Statue aufstellen wollen. "Aber das hat sich wohl erledigt."

Weh gehört zur Hochschulgruppe der Jusos, das ist in diesem Fall aber nicht so wichtig, denn über alle Parteilinien hinweg machen sich die Studenten hier Sorgen. Sie fragen sich: Wird die Affäre um die plagiierte Doktorarbeit des berühmten Absolventen die Uni um ihren guten Ruf bringen? Werden ihre Abschlüsse, ihre wissenschaftlichen Leistungen weniger wert sein?

"Ich überlege mir schon, ob ich hier promovieren möchte", sagt ein Jurastudent, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. "Es gibt einen Rufschaden für die Uni. Die Option, woanders hinzugehen, ist durchaus greifbar."

Das Ansehen schwindet

Kanzlertauglich: Die Unterstützung der Bundesbürger für Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist angesichts der Plagiatsaffäre gesunken - die große Mehrheit steht aber weiter zu ihm. 46 Prozent halten den Minister nach wie vor für kanzlertauglich, ergab eine Umfrage von Emnid. 45 Prozent meinen, er eigne sich nicht mehr dafür. Laut ZDF-Politbarometer vom Freitag waren 60 Prozent überzeugt, dass Guttenberg noch für höchste Ämter infrage kommt, 35 Prozent sagten Nein.

Kein Rücktritt: Auch bei der Frage nach einem Rücktritt sind die Bundesbürger in der jüngsten Umfrage für die Zeitschrift "Focus" etwas kritischer, stehen aber noch mit großer Mehrheit hinter dem Verteidigungsminister. Zwei Drittel wollen laut Emnid, dass Guttenberg Minister bleibt - 28 Prozent sind der Meinung, er solle zurücktreten. Im "Politbarometer" der Forschungsgruppe Wahlen hatten sich drei Viertel gegen einen Rücktritt ausgesprochen und 22 Prozent dafür. (dpa)

Michael Weh glaubt zwar nicht, dass es "auf lange Sicht vorbei sein wird mit dem gutem Ruf". Aber die Gefahr, sagt Weh, bestehe durchaus. Er betont: "Wir wollen nicht belächelt werden als Absolventen der Uni Bayreuth."

Mehr als eine Matrikelnummer

Sie haben einen Ruf zu verlieren in der oberfränkischen Stadt mit ihren 72.000 Einwohnern. Die Universität mag jung sein und mit 10.000 Studierenden auch vergleichsweise klein. Aber sie hat sich einen Namen gemacht mit exzellenten Nischenangeboten wie den fächerübergreifenden Studiengängen "Philosophy & Economics", "Theater & Medien" oder der wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzausbildung für Juristen.

"Die Alumni sind in der Wirtschaft sehr gern gesehen", sagt Antje Seidel vom Studierendenparlament. Die Bayreuther Studenten identifizieren sich mit ihrer Hochschule, und bei Seidel schwingt eine gehörige Portion Stolz mit, wenn sie von der guten Betreuungssituation erzählt: "Man ist hier nicht nur eine Matrikelnummer, sondern man hat einen Namen."

Der berühmte Absolvent wählte Bayreuth aus ähnlichen Gründen - weil "es sich um eine junge und kleine, aber sehr dynamische und aufstrebende Universität" handle, wie Guttenberg im April 2009 der Studentenzeitung Tip erzählte. In einem mittlerweile berühmt gewordenen Werbevideo der rechtswissenschaftlichen Fakultät tritt "Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg, MdB" auf und behauptet, für Jura käme "fraglos nur ein Ort" infrage: Bayreuth.

Imagefilm mit Guttenberg von Webseite verschwunden

Der Imagefilm ist mittlerweile von der Fakultätswebseite verschwunden. Auch der ursprünglich vorgesehene Auftritt des Ministers beim diesjährigen Absolvententreffen wurde "im gegenseitigen Einvernehmen" abgesagt. Beinahe überhastet wirken diese Versuche, die vielfältigen Bande Guttenbergs zu Bayreuth zu lösen.

Aber auch nach der Aberkennung des Doktortitels vergangene Woche wird der Guttenberg-Skandal hier Thema bleiben. Von der Aberkennungsentscheidung der Promotionskommission unberührt bleibt nämlich die Arbeit der Universitätskommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft", die auch die Frage eines Täuschungsvorsatzes klären soll. Bis zu einem Ergebnis wird jedoch einige Zeit vergehen.

Die Professorenschaft, die sich öffentlich bislang bemerkenswert bedeckt gab, distanziert sich jetzt deutlich. Juraprofessor Oliver Lepsius erklärte im Bayerischen Rundfunk: "Wir sind einem Betrüger aufgesessen." Auch bei der Frage nach dem Vorsatz gibt sich Lepsius überzeugt: "Er hat planmäßig plagiiert."

In Bayreuth sind jetzt erst einmal Semesterferien. Erst Anfang Mai beginnen wieder die Vorlesungen, und vielleicht hat sich bis dahin der Sturm um Guttenberg von der Universität verzogen. Ein Rufschaden aber könnte länger haften bleiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • C
    Celsus

    Wir sollten doch endlich aus der Bildung eine Bundesssache machen und dafür einen kompetenten bayerischen Minister finden. Aber die CSU-ler sind ja wegen der Verknüpfung mit einer gewissen Elite-Universität mit sagenhaften Leistungen von Absolventen eh alle prädestiniert und befähigt.

     

    Passagen aus der FAZ zeigten dann wohl ein hohes wissenschaftliches Niveau der Arbeit. Summa cum laude war wirklich nicht untertrieben. Und ich will auch mal sagen, dass jede andere Note einfach undankbar gewesen wäre - angesichts der Bemühungen um die Universität. Ich plädiere einfach mal dafür, den Horrizont der Betroffenen zum Zeitpunkt der Handlung zu erkennen.

     

    Und es waren Kingmaker: Mit den Noten wird die gesamte Konkurrenz ausgestochen und kann höhnisch wegen ihrer Inkompetenz belächelt werden.

  • W
    Wolf

    Diese Universität kann zukünftig nur ihre Glaubwürdigkeit rechtfertigen, wenn Dr.Vater, Prüfungskommission und Universitätsleiter ihren Hut nehmen und für die Zukunft sichergestellt wird, das nicht derartige "Lügenbaron-Arbeiten" wieder durchgewinkt werden können.

     

    Wird hier das für alle Beamten, Angestellten des öffentlichen Dienstes geltenden "Disziplinarrecht" in dem betroffenen Bundesland mit Füßen getreten?

  • WL
    W. Lorenzen-Pranger
  • V
    vic

    Ich finde es köstlich, wie die Elite-Uni sich jetzt windet, mit ihrem Vorzeigeabsolventen und ihren bislang hohen Ansprüchen.

    Nichts ist mehr, wie es war.

    Auch hier hinterlässt der Kriegsminister offenbar eine Trümmerlandschaft.

  • E
    EuroTanic

    Ich habe die Uni Bayreutz darauf hingewiesen den Film und das Bild vom lieben Gutti zu entfernen als dieser schon selber seinen ergaunerten Titel "zurück gegeben" hatte. Aber die Infos standen weitere Tage dort.

     

    Kopierer der Uni Bayreuth aufgetaucht.

    http://file1.npage.de/006690/51/bilder/gutti3.jpg

     

    auf www.browse.npage.de

  • S
    Salomondra

    Abschlüsse in Bayreuth, von oben nach unten:

     

    Master

    Bachelor

    Guttenberg

     

    Aber was heißt das Dr., das man vor manchen Namen liest?

     

    Drittmittel!

  • KK
    Karl K

    Was Prof. Lepsius, Peter Häberles Nachfolger, zu Herrn Baron und seiner - nunja Arbeit gesagt hat, ist doch erfreulicher Klartext.

    Wie Herr Googeleberg im Bundestag - u.a. Trittin mit strafrechtlichen Schritten gedroht hat, darf man gespannt sein, ob er diese Drohung bei so viel Klartext " für mich ist der Mann ein Betrüger" in die Tat umsetzt - oder doch ein lachendes Gericht scheut.

    zu "von Kersten": Sicher, mir hätte der Jargon der Schreibe nicht gepaßt und mich vielleicht stutzig gemacht, who knows? Aber Häberle ist dafür bekannt, dass er nicht am Stil rummacht. Die am häufigsten eingestellten, aber nicht zitierten Zeitungen (FAZ,NZZ) dürften immer noch am Lehrstuhl gehalten werden. Aber dennoch kann ich nicht erkennen, wie ohne Anlaß - nicht kenntlich gemachte !!! Plagiate - hätten auffallen - müssen!!!

    Ganz platt hat niemand mit einem derartig brutalem Plagiieren gerechnet. Und hat umgekehrt der Deliquent ja auch damit gerechnet, dass er damit durchkommt. Naiv und kaum zu glauben, aber so isset ( Ludwig Thoma hätte seine Freude).

  • JS
    Jack Salinger

    Histrionische Persönlichkeitsstörung [bearbeiten]

    Kennzeichnend für die histrionische Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F60.4), früher als hysterische Persönlichkeitsstörung bezeichnet, sind Übertreibung, theatralisches Verhalten, Tendenz zur Dramatisierung, Oberflächlichkeit, labile Stimmungslage, gesteigerte Beeinflussbarkeit, dauerndes Verlangen nach Anerkennung und der Wunsch, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, erhöhte Kränkbarkeit, sowie ein übermäßiges Interesse an körperlicher Attraktivität.

     

    Personen mit diesem Krankheitsbild verfügen oftmals über hohes schauspielerisches Talent, sie schreiben sich für viele Lebenslagen eigene Rollen zu, die sie perfekt über die Bühne bringen, um sich in der jeweiligen Situation am besten darzustellen. Falls sie einmal nicht die gewünschte Aufmerksamkeit bekommen sollten, stellt dies eine extrem bedrohliche Situation für jene dar, da sie sich plötzlich völlig hilflos und ausgeschlossen fühlen. Besonders in größeren Gesellschaften kann dies verheerende Reaktionen hervorrufen, denn oftmals greifen diese Betroffenen zu drastischen, fast gewollt schockierenden Mitteln, die unter Umständen gefährlich oder abartig sein können. Menschen mit histrionischer Persönlichkeitsstörung haben die Tendenz zu lügen, erfinden besonders extreme Geschichten oder selbst erlebte Abenteuer, um die Aufmerksamkeit anderer zu erzwingen. Von ihrem Umfeld werden diese Personen manchmal als unglaubwürdig eingeschätzt.

     

    Wenn dann noch ein Ödipus dazukommt, also der tolle Sohn Guttenberg von der Mutter Merkel geschützt werden muss vor der bösen Realität, also dem bösen Vater, dann wirds heftig.

     

    Kann man nur hoffen, dass der Vater nicht vom Sohn geblendet wird.

     

    Freud und Jung sind doch tolle Berater, oder?

     

    Zitat aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Pers%C3%B6nlichkeitsst%C3%B6rung

  • R
    reblek

    "Auf eine große Geschichte kann die Universität Bayreuth, Gründungsjahr 1975, nicht zurückblicken. Mit besonderem Stolz schauen sie daher auf die wenigen berühmten Absolventen." Für einen Artikel, der sich der Wissenschaft widmet, also etwas relativ Präzisem, eine bemerkenswerte Aussage: "Die Universität Bayreuth schauen..."

     

    [Danke für den Hinweis; wir haben es korrigiert. Die Red./wlf]

  • K
    Kersten

    "BETRÜGER" usw. soll der zu Guttenberg sein, aber was ist denn mit der Prüfungskommission. Sitzen da nur Professoren die die vorgelegte Arbeit NICHT gelesen haben? Wo war denn der Doktorvater, der doch die Arbeit und den Doktoranten begleiten soll ? Was hat denn da die Prüfungskommision gelesen ? Wer hat denn das Prädikat verliehen. Die Doktorarbeit hätte doch überhauptnicht bis in die Prüfungskommission gelangen dürfen, oder sind dort alle Arbeiten, die man vorlegt ohne geprüft zu werden, egal welchen Namen man hat, automatisch mit dem Dr-Titel verbunden.

    Oder haben da möglicherweise die Verantwortlichen den KTG ins Messer laufen lassen.

    Wäre ja denkbar !

    Unmögliches Verhalten der Verantwortlichen in der UNI.

  • LE
    leser erfreut

    mensch wie schön über http://tinyurl.com/6fcn7c9 bin ich gerade hier reingekommen, ohne die seite hätte ich nie erfahren, dass unter all den anderen auch die taz heute was zustandegebracht hat zum thema. super! (übrigens können bis erste woche märz derzeit schuhe an... - aber dazu im link besser direkt)