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Illustrierte Bremer Zeitschriften-Revue (3)

Ganz Bremen auf doppeltem Postkartenformat! Gäbe es das „Mix“ nicht, man müßte es schleunigst erfinden. Wahrscheinlich aber handelt es sich nicht um eine Erfindung, sondern um etwas Urwüchsiges, Natur- wenn nicht gar Gottgegebenes. Denn „Mix“ ist wie das Leben selbst, bzw. dessen einzig adäquates publizistisches Abbild. Denn ist nicht das Leben voller Kraut und Rüben?

So wuchert das „Mix“ Monat um Monat vor sich hin, immer frohgemuter, immer wilder noch. Hier begrüßt die kleine Redaktion noch flugs ein, zwei Gäste unserer Stadt, fragt Herrn Rogler nach seinem Leibgericht und Herrn Berg nach dem Befinden; dort rattern die heimischen Kulturbetriebe ihre Programmvorschauen herunter. Hier kündigt das „Kino 46“ einen armenischen Bajan-Vortuosen an; dort teilt das „Modernes“ einen Diavortrag aus, samt Kürzest-“Info“. Wie alles im „Mix“ ist auch diese Marginalie noch irgendwie rubriziert. Das „Modernes“-Info sortiert seine Textbrocken nach „Name“, „Termin“ und „Stil“: „Vom Computer aus gesteuerte Projektoren projizieren nahtlose Panoramabilder auf 10 Meter Breite“, heißt es da halsbrecherisch. Schon naht die nächste Info, noch knapper, noch rasanter.

Ja: Immer neue Rubriken braucht es, um das überschäumende Bremer Leben zu bändigen und dem Magazin den Anschein von Übersichtlichkeit zu verleihen. Aber so leicht läßt sich das Leben eben nicht sortieren. „Mixtour“, „Mix Up“, „Mixer des Monats“ – viele Namen gibt es hier für jene Dinge, die anderswo unter dem schnöden Titel „Sonstiges“ ihr Dasein kümmern. Große Unterschiede gibt es natürlich nicht zwischen den diversen Sparten. Und schon ist es wieder das tollste Durcheinander, schon steigt keiner mehr durch.

So muß der „Mix“-Leser jedesmal auf's neue das ganze Heft von hinten bis vorne durchmessen, um ggf. zu finden, was er eigentlich gar nicht suchte. Regentanz-Kurse und Theaterschminke. Die Adresse der Specksteinwerkstatt und die Öffnungszeiten von Futonläden. Hinweise auf die Oldie-Party in Alt-Findorff oder auf Peugeot-Ersatzteile, neu und gebraucht. Anzeige oder Redaktionstext – wer will das unterscheiden? Ist doch alles so schön bunt hier. Und so soll's bleiben. tom

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