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Illegaler HolzhandelEU-Kommission will Wälder schützen

Holzhändler sollen künftig nachweisen, dass ihr Holz nicht rechtswidrig geschlagen wurde. Naturschützer befürchten, dass das neue Gesetz den Verkauf von illegalem Holz nicht eindämmt.

Zerstörung des Regenwaldes auf Sumatra in Indonesien. Bild: dpa

BRÜSSEL taz Die EU-Kommission will den Kahlschlag von Regenwäldern und die weltweite Entwaldung stoppen und hat dazu am gestrigen Freitag in Brüssel eine Rahmenverordnung vorgestellt. Demnach müssen Händler künftig sicherstellen und nachweisen, dass ihr Holz gemäß den Gesetzen des Herkunftslandes gefällt worden ist. Die EU-Mitgliedstaaten und das Europaparlament müssen dem Vorschlag noch zustimmen.

Die Umweltschutzorganisation Pro Wildlife nannte den Vorstoß von Umweltkommissar Stavros Dimas "wurmstichig". Der Gesetzesvorschlag lasse es immer noch zu, dass "Holz dubioser Herkunft in die EU gelangen kann." Die Einfuhr und der Besitz von illegal geschlagenem Holz werden nicht verboten. Die Unternehmen werden lediglich aufgefordert, einen Herkunftsnachweis zu erbringen und zu prüfen, wie das Holz in die Handelskette kam. Diese Prüfung kann durch unabhängige Stellen oder in Eigenregie von der Holzindustrie durchgeführt werden. Strafandrohungen und Strafmaß bleiben den Mitgliedsländern überlassen. Pro Wildlife befürchtet eine "Schwemme von Herkunftssiegeln", die der Verbraucher kaum mehr überblicken könne.

Greenpeace prognostiziert, die Verordnung werde in ihrer jetzigen Form den "illegalen und zerstörerischen Holzeinschlag nicht eindämmen, sondern im Gegenteil legitimieren". Die Naturschutzorganisation forderte die Bundesregierung auf, sich im Ministerrat und über das EU-Parlament für eine Verbesserung des Gesetzes einzusetzen. Jährlich fallen 13 Millionen Hektar Wald der Motorsäge zum Opfer - das entspricht der Fläche von Dimas Heimat Griechenland. Während einige Unternehmen am illegalen Holzeinschlag gut verdienen, werden die betroffenen Länder um ihre Einkünfte betrogen - auf bis zu 15 Milliarden Euro werden die entgangenen Einnahmen in Ländern wie Malaysia oder Indonesien geschätzt.

Nach Angaben der Weltbank sind 300 Millionen Menschen für ihren Lebensunterhalt direkt auf Wälder angewiesen, 1,6 Milliarden Menschen indirekt. Während sich noch auf der Konferenz für Artenvielfalt im Mai in Bonn 60 Länder und die EU-Kommission schriftlich verpflichtet hatten, den Kahlschlag bis 2020 zu stoppen, soll er nun lediglich halbiert und bis 2030 gestoppt werden.

Die UNO hat berechnet, dass ein Fünftel der jährlich freigesetzten Klimagase durch Entwaldung entstehen. Das ist mehr als der gesamte CO2-Ausstoß in der Europäischen Union pro Jahr. Dennoch sollen nur 5 Prozent der Erlöse aus dem Klimahandel in Forstprojekte fließen. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hatte kürzlich 20 Prozent gefordert.

Den Vorschlag, Aufforstungsprojekte künftig wie Verschmutzungsrechte an der Börse zu handeln, zog die Kommission aber in letzter Minute zurück, da bislang weder ihre CO2-neutralisierende Wirkung noch die Auswirkungen auf den Preis von CO2-Zertifikaten ausreichend erforscht seien.

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1 Kommentar

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  • JB
    Judith Brusda

    Ist das nicht große Heuchelei von Bundesumweltminister Gabriel um von der jahrelangenen eigenen Untätigkeit beim Thema Waldschutz abzulenken?, so beschuldigt Pro REGENWALD in einem offenen Brief Gabriel und die Bundesregierung.

     

    Pro REGENWALD schreibt (offener Brief ist einzusehen auf www.pro-regenwald.de und www.raubbau.info):

    In seiner Enttäuschung über die kürzlich vorgestellten schwachen Vorschläge der Europäischen Kommission zur Bestrafung illegalen Holzhandels lenkt er vom jahrelangen Versagen der Bundesregierung ab, selbst gegen den illegalen Holzeinschlag und -handel tätig zu werden.

     

    "Zwar ist der kürzlich vorgestellte Vorschlag der Kommission vollkommen unzureichend und angesichts der Dringlichkeit und der fortschreitenden Waldzerstörung einfach skandalös", sagt Martin Glöckle von Pro REGENWALD, "aber dass die Bundesregierung sich nicht aus der Verantwortung stehlen und jahrelang nur auf eine Regulierung der EU warten kann, fordern wir von den Verantwortlichen, darunter auch Umweltminister Gabriel, seit Jahren schon".

     

    Die Bundesregierung war nicht nur untätig, wie Pro REGENWALD erinnert, sie hat sich im Sommer 2006 sogar gegen den Waldschutz entschieden: Mit den Stimmen der Großen Koalition - also auch Herrn Gabriel - wurde damals das Urwaldschutzgesetz abgelehnt, das den Handel mit illegalen Holzprodukten in Deutschland unter Strafe gestellt hätte.

     

    Deshalb sei es vollkommen absurd, dass sich Minister Gabriel nun als engagierter Waldschützer kritisch über mangelhafte EU-Maßnahmen