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Illegaler DatenhandelGeschäft mit falschem Institut

Ein Callcenter in Steglitz hat sich als Behörde ausgegeben, Daten gesammelt und verkauft. Dafür muss der Betreiber nun eine Geldstrafe zahlen.

Verschlungene Wege geht auch so mancher Datensatz. Bild: ap

„Hier ist das Institut für Informationsaustausch“ – so meldeten sich die Telefonisten eines Callcenters in Steglitz. „Wir machen eine Umfrage zur Auswertung zum Thema Subventionen vom Bund für Privathaushalte“, ging es verschwurbelt weiter. Wer dranblieb, wurde ausgefragt: nach Familienstand, Arbeitgeber, seit wann man für diesen tätig ist, nach der Kontonummer und der Steuerklasse. Die gesammelten Daten gingen dann aber nicht an ein Institut, sondern wurden an eine Immobilienfirma verkauft.

Das Verfahren gegen den Betreiber des Callcenters, Roland E., ist am Freitag im Amtsgericht Tiergarten gegen Zahlung einer Geldstrafe von 5.000 Euro eingestellt worden. „Man konnte bei den Anrufen den Eindruck gewinnen, dass es sich um eine öffentliche Institution handelt“, begründete die Richterin. E. habe damit gegen das Datenschutzgesetz verstoßen. Das Gesetz sehe ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor. Dies sei aber nicht gegeben, wenn man nicht deutlich mache, dass die Daten für Werbezwecke verwendet werden.

Den Namen für das Institut hatte sich die Immobilienfirma einfallen lassen, die das Callcenter beauftragte. E. beteuerte, nicht gewusst zu haben, dass diese Praxis illegal ist. Es geht um Daten von 18.000 Personen, die E. im Jahr 2010 an die Firma verkaufte. Acht Euro erhielt das Callcenter für den brauchbaren Datensatz einer Person. Der Handel mit den Daten selbst war nicht illegal – Roland E. hatte sogenannte Opt-in-Adressen angemietet, bei denen die Personen ein Werbeeinverständnis gegeben hatten.

Eine Sprecherin des Berliner Datenschutzbeauftragten warnte davor, derartige Angaben zu machen. „Die Daten können von den Käufern missbraucht werden. Es kann passieren, dass Geld abgebucht wird.“ Es ist weit verbreitet, dass Callcenter mit Daten handeln und falsche Angaben zum Auftraggeber machen. Auch andere Callcenter benutzten den Namen „Institut für Informationsaustausch“. Weil immer mehr Bürger den Telefonisten von E. keine Daten mehr preisgeben wollten, weil bei ihnen das vermeintliche Institut bereits angerufen hatte, formulierte E. den Begrüßungstext in „Informationsaustausch Deutschland“ um.

E. handelt noch immer mit Daten. Doch jetzt sagen seine Mitarbeiter sofort, dass diese für Werbezwecke genutzt werden.

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2 Kommentare

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  • VE
    Verarscht euch selbst

    In Neukölln hat ein Türke zwei Frauen erschossen. "Ehren"-Mord. Kein Nazi, deshalb eben Berichte über Callcenter. Nein, ich zahle nicht mehr. Ich brauche das Geld für die BZ, denn selbst da erfährt man inzwischen mehr als in der taz. Für frauenrechte setzen sie sich offenbar auch mehr ein, zumindest bei uns. Die taz ist da eher in Indien tätig.

  • J
    JorgLehnert

    5.000 Euro sind ein Witz. Der von dem Callcenterbetreiber erwirtschaftete Gewinn dürfte diesen Betrag um das 10 - 100 fache überschreiten. Leider wird die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten in Berlin praktisch nicht ernst genommen. Die zuständige Behörden sind völlig, vorsätzlich und systematisch unterbesetzt. Der Aufwand, der ein solches Verfahren erfordert, ist für Außenstehende kaum erklärbar. Da ist dann schon mal ein Sachbearbeiter für Monate (!) beschäftigt. Wenn man überhaupt noch solch engagierte Kollegen findet, die im Angesicht der völligen Verachtung der Politik, vor allem der Landespolitik und der meisten Bezirke für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten noch nicht völlig resigniert haben. Alles andere bleibt dann natürlich liegen. Ist dann doch mal ein Verfahren erfolgreich abgeschlossen, lohnt sich für die Täter immer (!), vor das Amtsgericht zu ziehen. Die Amtsrichter sind ebenfalls überlastet. Außerdem gelten diese Richterstelle intern als nicht besonders prestigereich, so dass dort auch nicht immer die fleißigsten Richter arbeiten. Wie dem auch sei.Die Amtsrichter stellen die meisten Verfahren ohne Geldbuße ein oder sie reduzieren die verhängte Geldbuße erheblich (wie wahrscheinlich hier). Armes Berlin, aber die systematische Nichtverfolgung von Ordnungswidrigkeiten interessiert hier keinen oder sie gilt sogar als schick. Be be cool, be Berlin, scheiss auf die Ordnung.