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Illegale Hinrichtungen in NairobiDie Verschwundenen aus den Slums

Kenias Menschenrechtler werfen der Polizei illegale Hinrichtungen beim Kampf gegen Verbrecherbanden vor. Hunderte Tote wurden in den Bergen bei Nairobu gefunden.

Straße eines Slums in Nairobi. Bei Polizeirazzien wurden schon im Juli ein Dutzend Menschen von der Polizei getötet. Bild: dpa

NAIROBI taz Die Leichen lagen auf Weiden, unter Brücken oder im dichten Gestrüpp der Ngong-Berge im Süden von Kenias Hauptstadt Nairobi. Wenn Bauern die Körper fanden, hatten Wildtiere oft nur noch einzelne Körperteile übrig gelassen. Aber die Polizei in Ngong sowie in Kiserian, einer für ihre Kriminalitätsrate berüchtigten Vorstadt Nairobis, machte sich keine Sorgen. Oft ließ sie die Leichen einfach liegen, oder sie weigerte sich, die Fundorte abzusperren und Hab und Gut der Toten einzusammeln. Das, da ist sich Kenias Menschenrechtskommission sicher, lässt nur einen Schluss zu: Kenias Polizei war an den Morden beteiligt, wenn nicht gar dafür verantwortlich. Rund 500 solche extralegalen Hinrichtungen, bei denen den Opfern aus nächster Nähe in den Hinterkopf geschossen wurde, wirft sie den Beamten vor, alle zwischen Juni und Oktober.

Der Bericht der staatlichen Kommission schlug in Kenias laufenden Wahlkampf ein wie eine Bombe. Die Polizei weist alle Vorwürfe zurück, die Regierung schweigt. Dabei hatten beide Anfang Juni einen erbarmungslosen Kampf gegen die kriminelle Mungiki-Sekte in Nairobis Slums angekündigt. Sicherheitsminister John Michuki gab die Devise aus, Verdächtige im Zweifel zu erschießen: "Wer eine Pistole hat, der hat es nicht anders verdient."

Seit Juni haben Kenias Leichenhäuser 454 Opfer verzeichnet, die an einem Schuss in den Hinterkopf starben. Im ersten Halbjahr 2007 waren es 189. Fast alle waren junge Männer, fast alle ethnische Kikuyu: das Profil, das auf die Mungiki-Sekte passt. Die "Mungiki" - Kikuyu für Masse oder Mob - berufen sich auf die antikolonialistische Mau-Mau-Revolution, sind in Nairobi aber eine kriminelle Organisation, die Bürger erpresst und Schläger an Politiker vermietet. Als die Mungiki im Mai ihre Schutzgelder erhöhten, weigerten sich Minibus-Betreiber zu zahlen. Viele Busfahrer wurden daraufhin umgebracht - zweien wurden vor den Augen der Fahrgäste Kopf, Gliedmaßen und Geschlechtsteile abgehackt. Auch Polizisten wurden ermordet.

Das provozierte den brutalen Feldzug der Polizei. Dabei wurden ganze Slums abgeriegelt, hunderte Verdächtige auf Lastwagen abtransportiert. Viele der damals Verschwundenen sollen unter den Opfern sein. 454 Tote kamen in Leichenhäuser. Als die voll waren, landeten die Leichen im Busch.

Nur die Polizei, so das Fazit der Menschenrechtler, konnte Leichen über weite Strecken an Straßensperren vorbeifahren. Dazu wurden in kaum einem Todesfall Ermittlungen eingeleitet - Vorwürfe, auf die die Polizei am Dienstag bei ihren Dementis nicht einging.

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