Illegale Hinrichtungen in Bangladesch: 129 Tote bei Anti-Drogen-Kampagne
Bei einer „Anti-Drogen-Kampagne“ in Bangladesch wurden 129 Menschen umgebracht. Viele sollen von Beamten hingerichtet worden sein.
Täglich werden derzeit Menschen in Bangladesch von Sicherheitsbeamten erschossen. Seit Wochen läuft eine Antidrogenkampagne, bei der viele Verhaftete den Weg in die Haft nicht überleben: Inzwischen wurden 129 angebliche Drogendealer bei angeblichen Feuergefechten erschossen. Letztere dienen als Deckung für außergerichtliche Hinrichtungen.
Die Echtheit des Audiomitschnitts ist nicht offiziell bestätigt, aber er gilt als glaubwürdig. Dies würde belegen, dass es Hinrichtungen gibt. Sie sind politisch und mutmaßlich das Werk des Militärgeheimdienstes DGFI. Denn zu Beginn des Mitschnitts sagt das spätere Opfer, ein DGFI-Major habe ihn abgeholt. Die Polizeitruppe RAB, die später die Tötung bei einem „Feuergefecht“ meldete, ist für außergerichtliche Hinrichtungen berüchtigt.
Die Regierung dementiert. „Ein, zwei Fehler können immer passieren“, sagt Straßenbauminister Obaidul Qader, zugleich Generalsekretär der regierenden Awami Liga. Haques Tod stelle die Kampagne nicht in Frage. Premierministerin Sheikh Hasina Wajed versprach, Missetaten von Beamten zu untersuchen. Von den Dealern werde „niemand […] verschont, egal wie einflussreich.“ Doch berichtet die Zeitung Daily Star, dass der mächtigste „Drogenpate“ von Haques Heimatstadt Politiker der Awami Liga sei und während der Kampagne nach Mekka gepilgert sei.
So gibt es auch diese Lesart: Die Antidrogenkampagne werde genutzt, um vor den noch in diesem Jahr anstehenden Wahlen die Opposition zu unterdrücken. Dabei wurden bereits mehrere Oppositionspolitiker getötet. Die letzte Wahl 2014 war von der großen Oppositionspartei BNP boykottiert worden. Seitdem wurde ihre Parteichefin wegen Korruption angeklagt. Die islamistische Oppositionspartei Jamaat-e-Islami wurde wegen Verbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971 verboten. Oppositionspolitiker sind in den letzten Monaten immer wieder mutmaßlich von Behörden entführt worden, ein Phänomen, das Menschenrechtsgruppen als „Verschwindenlassen“ kritisieren.
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