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Illegale EinwandererTödliche Furcht vor dem Arzt

Illegale trauen sich laut einer Untersuchung nicht zum Arzt - aus Angst ausgewiesen zu werden, da Behörden der Meldepflicht unterliegen.

Häufig kommt jede Hilfe zu spät. Bild: dpa

BERLIN taz Die 35-Jährige Frau hat Bauchschmerzen, starke Bauchschmerzen. Sie ist im sechsten Monat schwanger. Als sie ins Krankenhaus eingeliefert wird, kommt ihr Kind tot zur Welt. Die Frau ließ sich während der Schwangerschaft nicht untersuchen - aus Angst, dass sie auffliegt, weil sie illegal in Deutschland ist.

Eines von vielen Beispielen, die das Deutsche Institut für Menschenrechte in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht über Menschen ohne Papiere in Deutschland auflistet. Das Fazit der Autoren lautet: Deren Gesundheitsversorgung ist schlecht, was einen Verstoß gegen das Recht auf Gesundheit im UN-Sozialpakt darstelle. Die Vereinten Nationen verlangten von den Nationalstaaten, dass sie jedem Menschen - unabhängig vom Aufenthaltsstatus - eine medizinische Versorgung ermöglichten. Nach Schätzungen leben zwischen 500.000 und eine Million Menschen ohne Papiere in Deutschland. Werden sie entdeckt, müssen sie innerhalb von acht Wochen das Land verlassen.

Auch wenn illegale Einwanderer nach dem Asylgesetz ein Recht auf medizinische Behandlung haben, gingen sie dennoch oft nicht oder zu spät zum Arzt, heißt es in dem Bericht. Den Grund hierfür sehen die Autoren darin, dass Behörden wie etwa die Sozialämter melden müssen, wenn sie erfahren, dass ein Ausländer sich illegal im Land aufhält. "Diese nehmen deshalb ihr Recht auf ärztliche Behandlung nur im äußersten Notfall wahr", heißt es in dem Bericht. Die Forderung der Autoren: Übermittlungspflicht einschränken.

"Wir brauchen dringend eine politische Lösung", sagte Valentin Aichele vom Deutschen Institut für Menschenrechte am Donnerstag. Neben dem Institut waren an dem Bericht rund 30 Organisationen und Experten beteiligt, darunter Caritasverband und Bundesärztekammer. Nun soll sich der Menschenrechtsausschuss des Bundestags mit dem Bericht befassen

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