: Iliescu wurde Chef in Rumänien
■ Die Opposition stellt zwei Vertreter Iliescus im „Provisorischen Rat der Nationalen Einheit“ bis zu den Wahlen im Mai / Der oppositionelle Radu Campeanu über Iliescu: „Das kleinere Übel“
Bukarest (afp/ap) - Der 59jährige Ion Iliescu ist am Dienstag abend zum Präsidenten des ersten pluralistischen Führungsgremiums Rumäniens seit 45 Jahren ernannt worden. Die Opposition und die Front zur Nationalen Rettung kooptierten Iliescu an die Spitze des Provisorischen Rats der Nationalen Einheit, der das Land bis zu den für den 20.Mai vorgesehenen freien Wahlen regieren soll. Die 253 Mitglieder des Provisorischen Rats gaben sich nach mehr als zehnstündigen Debatten außerdem ein 21köpfiges Exekutivbüro, dem Iliescu ebenfalls angehört. Zehn Mitglieder dieses neuen Gremiums waren bereits im Exekutivbüro des aufgelösten Rats der Front zur Nationalen Rettung vertreten. Die zehn übrigen Mitglieder wurden von den Parteien ernannt. Der Provisorische Rat beschloß, alle 15 Tage zu einer Sitzung zusam-menzukommen. Es war die zweite Sitzung des am Freitag gegründeten Führungsgremiums, das den Rat der Front zur Nationalen Rettung ablö-ste.
Die Ernennung des ehemaligen Kommunisten Iliescu erfolgte ohne Abstimmung. Iliescu war nach dem Sturz Ceausescus der starke Mann Rumäniens geworden und hatte den Rat der Front zur Nationalen Ret-tung geleitet. Er nannte die Be-schlüsse des Provisorischen Rats einen „offensichtlichen Fort -schritt“. Einer der beiden von der Opposition ernannten Vizepräsidenten des Exekutivbüros, der Nationalliberale Radu Campeanu, begrüßte die Zusammensetzung dieses Gremiums und erklärte, mit Iliescu sei „das kleinere Übel“ gewählt worden. Insgesamt wurden fünf Mitglieder des Exekutivbüros zu Vizepräsidenten bestimmt. Als zweiter Oppositionspolitiker wurde der Akademiker Ion Minzatu ernannt, der unter Ceausescu inhaftiert war und zur Republikanischen Partei gehört. Die Front zur Nationalen Rettung stellte Cazimir Ionescu und Ion Caramitru. Als Vertreter der nationalen Minderheiten in Rumänien wurde der Ungar Karol Kiraly zum Vizepräsidenten des Exekutivbüros bestimmt.
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