: Ikea allein bringt‘s nicht
Behörde präsentiert mögliche Bauplätze für Möbelriesen. Ziel: Kaufkraftabfluss ins Umland stoppen. Hamburger geben fürs Wohnen nur jeden zweiten Euro in der Stadt aus. Autobahnanschluss ein Muss, Landschaftsachsen tabu
von GERNOT KNÖDLER
Wenn Hamburger Möbel kaufen wollen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie ins Umland fahren. Wie eine Marktanalyse der Firma Gesa im Auftrag der Baubehörde ergab, bleibt nicht einmal jeder zweite Euro, den sie für die Ausstattung ihrer Wohnungen ausgeben, in der Stadt. „Wir können nicht auf Dauer dulden, dass uns Kaufkraft in diesen Größenordnungen verloren geht“, findet Oberbaudirektor Jörn Walter. Die Behörde hat deshalb in einem zweiten Gutachten ermitteln lassen, welche Orte in Hamburg sich für die Ansiedlung eines großen Möbelhauses eignen würden. Gestern stellte sie die Ergebnisse vor.
Die von Walter leicht veränderte Hitliste führen 6,2 Hektar in der Gabel aus A7 und A23 (Dreieck Nordwest) in Schnelsen an. Sie beherbergen eine Baumschule und sind bis dato für die Ansiedlung produzierenden Gewerbes vorgesehen Die Lage ist so prominent, wie es sich ein Investor wünschen kann. Das Grundstück gehört aber nicht der Stadt, die in die Verkehrsanbindung investieren müsste.
Ebenfalls nicht der Stadt gehören zehn Hektar zwischen Curslacker Neuem Deich und Schleusengraben an der Autobahnausfahrt Bergedorf. Das Gelände erhielt vom Gutachterbüro BPW Bestnoten in den Kategorien „Städtebau“, „Landschaftsplanung“ sowie „Grundstück und Erschließung“. Bloß in puncto „Wirtschaftlichkeit“, der Möbelverkäufer am meisten interessiert, schneidet die Autobahngabel besser ab.
In Frage kommt auch der Parkplatz Braun mit acht Hektar, wo wegen der Arenen ein Parkdeck gebaut werden müsste. Ein möglicher Standort im Gewerbegebiet Hausbruch gilt als gut geeignet, mit fünf Hektar aber etwas zu klein. Im Stellinger Moor, nordwestlich der Ausfahrt Volkspark wäre der Aufwand für das Herrichten des Geländes groß. Als wirtschaftlich attraktiv gilt auch die Fläche in der Gabel des Autobahndreiecks Südwest.
Walter will mit den Gutachten bei den Bezirken um Einsicht in gesamtstädtische Notwendigkeiten werben. Dort hält sich die Begeisterung über Möbelmärkte in Grenzen, weil diese ihr Sortiment zunehmend erweitern und damit dem Einzelhandel in den gewachsenen Zentren Konkurrenz machen – eine Gefahr, die die Gutachter von BPW berücksichtigt haben wollen.
Von vornherein ausgeschlossen hatten sie Grundstücke mit hoher Bedeutung für den Naturhaushalt, das Landschaftsbild und die Erholung. Nicht in Frage kam daher das Grundstück, das der Möbel-Mogul Kurt Krieger dem Gut Wendlohe an der Autobahnabfahrt Schnelsen-Nord abgekauft hat, wohl wissend, dass der Flächennutzungsplan hier eine Landschaftsachse vorsieht.
Für Walter ist klar: „Wenn wir in diesen Raum einbrechen, wird diese Achse über kurz oder lang zugebaut sein.“ Krieger dagegen verweist auf die Ikea-Niederlassung auf der anderen Seite der Autobahn, für die eine passende Rechtslage geschaffen worden sei. Krieger: „Ich hab noch kein Möbelhaus gebaut in 35 Jahren, wo es von Anfang an ein Baurecht gab.“ Das Areal im Autobahndreieck Nordwest will er aber unter die Lupe nehmen.