Identische Erreger entdeckt: Gehäufte Ehec-Fälle in Frankreich
In Bordeaux haben sich mehrere Menschen mit Ehec infiziert. Es handelt sich um den Erregerstamm, der auch die Epidemie in Deutschland ausgelöst hat.
Paris taz | Zehn erwachsene Personen in der Region Bordeaux an einer Ehec-Infektion erkrankt, sieben von ihnen sind sich noch in Krankenhauspflege, zwei ältere Patienten befinden sich auf der Notfallstation. Die Tatsache, dass mindestens sieben dieser Erkrankten am 8. Juni an einem Schulfest in Bègles teilgenommen hatten, erleichterte es den Gesundheitsbehörden, der mutmaßlichen Ursache der Infektion sehr schnell auf die Spur zu kommen und die Herkunft des Erregers durch Laboranalysen zu bestätigen.
Die an blutigem Durchfall leidenden Personen hatten, wie mehr als hundert andere Festteilnehmer in der Schule auch, eine kalte Gaspacho-Suppe gegessen, die mit verschiedenen Sprossen dekoriert war. Diese Sprossen sind nach Ansicht der Experten die Träger der Bakterien vom Typ Escherichia coli gewesen. Bezeichnenderweise soll es sich nach Angaben der regionalen Gesundheitsbehörde der Gironde um exakt denselben Erregerstamm "E.coli 0104" handeln, der in Deutschland eine Epidemie mit insgesamt 3.700 Erkrankungen und mehr als vierzig Todesfällen ausgelöst hatte.
Mit dem Auftreten eines neuen Ehec-Infektionsherds in Südwestfrankreich könnte nachträglich die Aufklärung der noch immer mysteriösen Epidemie in Hamburg erleichtert werden. Dort waren ebenfalls Sprossen als Keimträger verdächtigt worden. Laut Angaben des Stadtpräsidenten von Bègles, Noël Mamère, wurden die Keimlinge für das Schulfest bei einer lokalen Gärtnerei gekauft, die diese vom britischen Grossisten Thompson & Morgan bezogen hatte.
Thompson & Morgan macht lokale Ursachen verantwortlich
Das Unternehmen verwehrte sich inzwischen gegen die Anschuldigung durch den französischen Staatssekretär für Konsum, Frédéric Lefebvre, der die in Ipswich ansässige Firma für die Ehec-Fälle von Bègles bei Bordeaux namentlich verantwortlich gemacht hatte. Seit Jahren würden Hunderttausende derselben Produkte nach Frankreich und in andere europäische Länder exportiert und seien nie wegen bakterieller Verschmutzung beanstandet worden. Deshalb müssten für die Darmerkrankungen bei Bordeaux lokale Faktoren gesucht werden, teilte das Unternehmen am Wochenende in einem Kommuniqué mit.
In der Woche zuvor hatten bereits im nordfranzösischen Lille die E.coli-Infektion von sieben Kindern Schlagzeilen gemacht. Sie hatten aus Deutschland eingeführte tiefkühlte Hacksteaks gegessen. In diesem Fall wurden jedoch nicht dieselben, besonders aggressiven Erreger entdeckt, die, wie in Hamburg oder Bègles, durch so genannte Shiga-Toxine besonders schwere und lebensbedrohliche Komplikationen verursachen können.
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