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Ich wurde gefördert -betr.: Unter der Käseglocke der Künste, taz 30.3.1995

Betr.: Unter der Käseglocke der Künste, taz 30.3.

Vor meinem sicheren Wärmetod noch eine Stellungnahme zur Sozialen Künstlerförderung:

Sie sicherte über mehrere Jahre meinen Unternhalt. In dieser Zeit konnte ich mich fast ausschließlich meiner Arbeit widmen, konnte experimentieren, spielen, ausprobieren, mich orientieren, schräg zum Kunstmarkt produzieren, Unverkäufliches installieren, ohne finanziellen Druck mit Galeristen verhandeln. Kurz: Die „Soziale Künstlerförderung“ war eine wichtige Unterstützung meiner Arbeit, gerade weil ich keine Lust habe, mich vollständig auf den Kunstmarkt mit seinen Strukturen einzulassen. Grundsätzlich sollte eine im Kulturressort angesiedelte „Soziale Künstlerförderung“ mit wenigen Veränderungen erhalten bleiben und zwar gerade in der Form der etwas breiter gestreuten Förderung, sowie der Möglichkeit der Mehrfachförderung. Damit steht diese Einrichtung erfrischend altmodisch den bundesweit gängigen Stipendienmodellen gegenüber. Als Relikt in einer nach bestimmten Mustern durchstrukturierten Kunstlandschaft bietet das Bremer Modell den Künstlern die Chance des Unüblichen, des Experiments und des intensiven Arbeitens über einen längeren Zeitraum.

Bis auf die („Spitzen“)-Kunstvermittlung und Medienpräsenz in Städten wie Köln, Hamburg oder Berlin sehe ich im Vergleich mit Bremen nach meiner Erfahrung keine großen Unterschiede innerhalb der einzelnen Szenen und deren Werke. Die Forderung nach einer „Anbindung“ der hiesigen Künstler „an internationale Kunstdebatten“ zeigt nur die Ignoranz des Schreibers, der besonders im letzten Drittel seines Artikels kräftig auf den Tisch haut, den Weg weist, aber für seine Breitensportanalyse falsch recherchierte und eine viel zu hohe Anzahl von jährlich Geförderten angibt.

Zum Schluß noch eine Erfahrung mit Tellerrändern und Käseglocken: Vor einiger Zeit stellte ich meine Arbeiten in den Trajanischen Märkten in Rom aus. Während der Ausstellung flog ich zurück nach Bremen, wo ich mit Materialien und Presseartikeln römischer Zeitungen auch die taz aufsuchte und den Redakteur bat, die Ausstellung kurz und ohne Beurteilung in einer der nächsten Ausgaben zu erwähnen.

Antwort: Würde die Ausstellung im Raume Bremen stattfinden, gäbe es mit der Erwähnung keine Probleme, aber Rom wäre einfach zu weit entfernt. Der Mann vom Weser-Kurier hatte die gleiche Antwort parat. Schon wieder eine von Bremer Journalisten verpaßte Chance, sich endlich an internationale Kunstdebatten anzubinden.

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