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„Ich wollte nur Ausländer ärgern“

Prozeß gegen den damals 19jährigen Josef Saller wegen besonders schwerer Brandstiftung / Vier Tote beim Brandanschlag im Dezember 1988 in Schwandorf / Angeklagter widerrief anfängliches Geständnis / Mitglied der „Nationalistischen Front“ schweigt vor Gericht  ■  Aus Amberg Bernd Siegler

Geständnis und Widerruf des inzwischen 20jährigen Josef Saller standen am ersten Tag im Mittelpunkt des Prozesses zur Schwandorfer Brandkatastrophe vom Dezember 1988, bei dem - in der Nacht vom 16. auf den 17.12. - ein deutscher und drei türkische Staatsangehörige ums Leben kamen. Saller muß sich vor der Jugendkammer des Amberger Landgerichts unter Vorsitz von Josef Auernhammer für den nach dem Oktoberfestattentat folgenschwersten Anschlag rechtsradikaler Urheberschaft in der Bundesrepublik verantworten.

Saller sitzt im dunklen Anzug, mit kurzgeschnittenem Haar und stets hocherhobenen Hauptes nahezu teilnahmslos auf der Anklagebank. Leyla Kollecioglo, deren Eltern und Bruder bei dem Brand umkamen, und Luise Hübener, Ehefrau des getöteten Jürgen Hübener, brechen dagegen immer wieder in Tränen aus, als die Anklageschrift verlesen und der erste Polizeizeuge vernommen wird. Der Angeklagte macht keine Angaben zu der besonders schweren Brandstiftung, die ihm Staatsanwalt Demmel zur Last legt.

Das war am 5. Januar 1989 anders. Nach anfänglichem Leugnen und Zusammenbruch seines Alibis legte der damals 19jährige Autolackierer-Lehrling, der seit 1986 der neonazistischen „Nationalistischen Front“ angehört, ein umfassendes Geständnis ab. Bereits vorher hatte Saller zugegeben, in der Tatnacht an einem anderen, hauptsächlich von türkischen Familien bewohnten Haus in der Schwandorfer Innenstadt einen Aufkleber von der „Volksbewegung gegen Überfremdung“ mit der Aufschrift „Türken raus“ angebracht zu haben. Die beiden Polizeibeamten der Kriminalpolizeiinspektion Amberg, Kiener und Götz, bestätigen in ihrer Zeugenvernehmung, daß Saller bei seinem Geständnis einen „normalen, körperlich fiten und ruhigen Eindruck“ gemacht habe. Der 19jährige sei weder unter Druck gesetzt noch seien ihm falsche Versprechungen gemacht worden. Aus freien Stücken habe Saller erzählt, wie ihm in der Nacht der Gedanke gekommen sei, „noch irgendwo zu zündeln“. Saller habe erklärt, er hasse die in der Bundesrepublik lebenden Ausländer, vor allem die Türken. Er habe aber nur „die Ausländer ärgern wollen“, umbringen wollte er keinen. Saller holte - nach eigenen Angaben eigens von zu Hause Streichhölzer und entzündete am 17.12.88 um 00.15 Uhr die im Treppenhaus des überwiegend von türkischen Familien bewohnten Geschäftshauses in der Schwandorfer Schwaigerstraße abgestellten mit Packpapier gefüllten Kartons. Als er über sich eine ausländisch sprechende Männerstimme gehört habe, sei er davongelaufen. Nach dem Geständnis, so erinnert sich Kriminalhauptmeister Kiener aus Amberg, habe Saller erleichtert gewirkt. Saller wiederholt die Angaben am selben Tag vor der Ermittlungsrichterin. Zwei Tage später widerruft er in der U -Haft sein Geständnis. Jetzt wirft er der Polizei „Psychoterror“ vor. Die Staatsanwaltschaft hat 64 Zeugen benannt, um Saller der Täterschaft zu überführen. Nur fünf Zeugen kommen aus Sallers politischem Umfeld. Führungsspitzen der „Nationalistischen Front“, deren Aktivist Saller war, bzw. der „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP), deren ausländerfeindliches Propagandamaterial Saller verbreitet hatte, sind im Vorfeld des Verfahrens nicht vernommen worden.

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