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KommentarIch wollt', ich wär' kein...

■ Grippeepidemie: Betrachtungen eines Hongkong-Huhns

Dies sind meine letzten Worte. Zusammengepfercht warten ich und 1,2 Millionen LeidensgenossInnen hier in Hongkong auf unsere Schlachter. Anschließend kommen wir in Plastiksäcke, heißt es. Und morgen schon sollen unsere Kadaver vor der Küste Hongkongs der Landgewinnung dienen. Die Leute sind ihre Sorgen los, glauben sie. Und wir unser Leben.

Ob das Massaker an uns dem Virus den Garaus macht, bezweifle ich. Denn bisher weiß doch kein Huhn, geschweige denn ein Mensch, wo die Grippe nun eigentlich herkommt. Vermutlich ist sie in einem Massenstall auf dem chinesischen Festland entstanden. Aber dort sagen sie: „Alles paletti. Bei uns gibt es weder kranke Hühner noch Menschen.“ Wer's glaubt!

Denken Sie doch mal nach: In der Provinz Guangdong werden jedes Jahr 470 Millionen Hühner gezüchtet – „produziert“, wie es die Menschen nennen. 120.000 Familien leben davon. Das wollen sie auch weiter tun. Und die chinesische Regierung will, daß sie es weiter tun. Wenn da ein paar Hühner an Grippe sterben und womöglich ihre Besitzer anstecken – glauben Sie im Ernst, das würde bekanntgegeben? Der tödliche Virus wird also heute nicht zusammen mit uns untergehen. Unser Tod ist sinnlos.

Im Grunde geht es doch mal wieder nur ums Geld. Den Leuten in Hongkong ist der Appetit auf uns vergangen, seit die ersten Todesfälle bekanntwurden. Die Touristen bleiben weg. Der Preis für unser Fleisch ist im Keller. Viele Hühnerhalter wollten uns schon vor Tagen den Hals umdrehen, um das Futter zu sparen. Jetzt bekommen sie eine satte Entschädigung – 40 Millionen Hongkong-Dollar – hab' ich gehört. Ob es der Sache dient, ist denen doch egal. Ein toter Vogel frißt nicht mehr. Und wenn er noch Geld bringt, um so besser. Reiner Aktionismus. Und wir Hongkonger Hühner sind ja wahrlich kein Einzelfall. Erinnern Sie sich an BSE? Da geht es auch nur darum, den Rindfleischmarkt zu stabilisieren. Ob ein paar Menschen und Tiere mehr oder weniger hopsgehen, ist uninteressant. Oder wie erklären Sie sich sonst dieses ganze Geschacher mit der Gelatine und dem Stiersperma? Die Frage ist doch nicht, ob das Zeug gefährlich ist. Die Frage ist, ob die Leute glauben, daß es gefährlich ist. Lächerlich, daß die Menschen von sich behaupten, sie seien vernunftbegabte Wesen. Da lachen ja die Hühner. Annette Huhn

Bericht Seite 5

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