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■ Ich und mein Kreuz
Wenn von einem Künstler namens Vater eine Ausstellung namens »Kreuz-Zeichen« in Räumen namens Diözesan Akademie eröffnet wird, schwant dem durchschnittlich kritisch Gesinnten schon auf der Hinfahrt Schlimmes. Leider sollte alles ganz anders werden.
Die Diözesan Akademie in the middle of nowhere, U-Bahnhof Neu-Westend, stellte eine Ausstellung zusammen, in der die Objektkästen und Zeichnungen von Vater sogar etwas von den christlich-bedeutungsschwangeren, an miese Teestunden in kirchlichen Jugendkreisen erinnernden Zeichenritualen erahnen lassen. Insgesamt 73 Ausstellungsstücke, größtenteils Zeichnungen mit Tusche, Bleistift, Acryl und Graphit, erstrecken sich über das bißchen Raum, das Eingangs- und Durchgangsbereich hergeben.
Zeichnungen und Assemblagen variieren das Kreuz hin und her. Das Kreuz als geometrische, christliche, menschliche, hölzerne, angedeutete Grundform. Trotzdem und trotz Titeln wie »Kreuz«, »Kreuz im Topf«, »Mann mit drei Kreuzen«, »Kreuz mit Blutwolke und Beobachter«, »Kreuzernährung« verliert sich Axel Vater nicht in pathetischen Paraphrasen christlichen Bildguts. Eine Ausstellung wie »Gegenwart und Ewigkeit« hat die Hoffnung an einer vernünftigen Auseinandersetzung mit moderner katholischer Kirche und moderner Mythenbildung Gott sei dank schon weggeläutet. Diese monumentalen Mysterientheater sind genauso sinnvoll wie eine Hostiendiät.
Deswegen muß man dieser kleinen Show zwischen Angel und Tür um so mehr applaudieren, muß ihr einfach anrechnen, daß sie weder mit pfarrgemeinderischer Verständnishaberei, noch mit Mythenbildung daherkommt, sondern Ausdruck einer zwar religiös motivierten, aber individuellen Suche nach dem Sinngehalt des »Kreuz-Zeichens« ist. Die 73 Exponate aus 20 Jahren versuchen sich am Logo Ich-und-mein-Kreuz, so wie andere Künstler sich eben ihr Leben lang an einem Logo für Ich-und-die-gelben-Felder abmühten. Es sollte Axel Vater erlaubt sein, daß er es mit den Kreuzen hat; auch wenn sich einem durchschnittlich atheistischen Leser bei der Einleitung des Informationsblattes die Nackenhaare sträuben. »Was war Jesus Christus?« — »Jesus Christus war Bildhauer.« (Am Tag des Herrn geschlossen, sonst bis 2.April, Mo-Fr 10-18Uhr, Westendallee 54, 1/19) Thomas Sakschewski
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