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„Ich bin keine Null“

■ Spandauer Bürger will endlich gezählt werden

Völlig unverständlich ist einem zählwilligen Bürger aus Spandau die Mißachtung seiner Person durch das Statistische Landesamt: Kein Volkszähler, kein Bogen fand den Weg zu ihm. Und dies, obwohl er in der fraglichen Zeit immer zu erreichen gewesen wäre. „Ignorant“ fand Martin Keune diese Art und Weise, mit der etliche BürgerInnen um die Abgabe ihrer Daten gebracht worden sind. Erbost schrieb er dem Leiter des Statistischen Landesamtes, Appel, einen in Stil und Duktus unmißverständlich abgefaßten Brief. Die taz freut sich, dieses Schreiben in Auszügen dokumentieren zu dürfen:

„Sehr geehrter Herr Appel, mit einiger Enttäuschung entnehme ich der Tagespresse, daß die von Ihnen durchgeführte 'Volkszählung‘ gegenwärtig praktisch beendet ist. Muß ich also annehmen, daß Sie nicht gewillt sind, die meine Person betreffenden Daten, in die Statistik mitaufzunehmen?

Tatsache ist, daß ich nicht gezählt wurde. Beunruhigt über diese Tatsache, habe ich Sie bereits am 25.Mai vergangenen Jahres schriftlich gebeten, mir unverzüglich einen Satz Fragebögen zuzustellen. Sie haben bis zum heutigen Tag dieser Bitte weder entsprochen, noch mir die Gründe ihres Schweigens mitgeteilt.

Für diesen leichtfertigen Verzicht auf wertvolles Datengut fällt mir nur ein Wort ein: BOYKOTT. Insofern finde ich es unfaßbar, mit welcher Penetranz Bürger um Kopf und Kragen gebracht werden, die ihre Daten nicht abgeben möchten, während gleichzeitig Zehntausende in der Statistik nur als Null auftauchen.

Herr Appel, ich bin keine Null und ich möchte von Ihnen auch nicht so behandelt werden. Deshalb haben Sie bitte Verständnis dafür, wenn ich meinem Anspruch, mitzuzählen, gegebenenfalls auch rechtlichen Nachdruck verleihe. Hochachtungsvoll

Martin Keune

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