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Ich bin gern schwul

■ Betr.: Trüpel-Replik auf Leserbrief von D. Burchard

Für den Abdruck des zweiten meiner Leserbriefe möchte ich mich bedanken, und ich freue mich, daß er Helga Trüpel zur Erwiderung veranlaßt hat. Selbstverständlich glaube ich der Senatorin für Kultur und Ausländerintegration, daß sie versucht, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie die multikulturelle Gesellschaft funktionieren soll. Unter der Überschrift „Gemeinsames betonen“ wird sie dann aber wieder nicht Gemeinsames betonend tätig, sondern wiederholt unbeirrt ihre Aussage, nachdem sie mich der Unterstellung bezichtigt hat. Erfreulicherweise verzichtet sie jedoch inzwischen auf die wenig integrierend wirkende Vokabel „Randgruppe“. Sie ist aber noch weit entfernt von lateinamerikanischen, asiatischen, lesbischen oder schwulen Mitbürgern.

Tatsächlich gibt es für Schwule und Lesben nicht viele Gemeinsamkeiten zu betonen mit der „Mehrheitsgruppe“ der Heterosexuellen. Sie dürfen nicht heiraten, keine Kinder adoptieren und kommen dadurch auch nicht in den Genuß von Vergünstigungen wie etwa dem Ehegattensplitting. Wer hier sein Anderssein — nett umschrieben als Normalsein — betont und den Konsens über Gemeinsames, den Helga Trüpel mit ihren Äußerungen anzustreben meint, verweigert und wer sich mit Separatismus hiergegen einen winzigen Freiraum erkämpft, das sollte Helga Trüpel sich einmal klarmachen.

Außerdem wüßte ich gern, was sich hinter ihrer Vision verbirgt von der „Gruppe, die nur ihr je Eigenes betont“. Etwa jemand, der sagt: Nein, Steuerzahler bin ich nicht. Ich bin nur schwul. Und weil im „Druck gegen Rechts“ unter dem Foto von Helga Trüpel so schön steht: „Die eigenen Werte verteidigen“: Ich bin schwul, ich bin anders, und ich bin es gern. Und wenn Helga Trüpel sich ihres Defizits an Sachkenntnis über die Welt des Andersseins bewußt geworden ist, stehe ich ihr gern mit Nachhilfe zur Verfügung. Dirk Burchard, Budestr.

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