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„Ich bin froh über jeden VS-Mann“

Mainzer Innenminister Geil will seinen Verfassungsschutz keinesfalls ausbauen / Verärgerung über Bekanntwerden interner VS-Pläne / „Dann muß aber Verfassungsschutzgesetz geändert werden“  ■  Von Joachim Weidemann

Mainz (taz) - Der Mainzer Innenminister Rudi Geil (CDU) hat offenbar keine Einwände dagegen, dem Verfassungsschutz (VS) auch einen Teil der Bekämpfung der organisierten Kriminalität (OK) zu übertragen. Bei der gestrigen VS -Pressekonferenz in Mainz allerdings lavierte Geil aber um eine klare Stellungnahme herum. Statt dessen monierte er erbost die Veröffentlichung vertraulicher Pläne des Kölner Bundesamts für Verfassungsschutz, die sowohl die OK als auch die Ausdehnung des VS auf die DDR betreffen. Geil sauer: „Ich halte nichts davon, daß solche Pläne durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit kommen und dort breit diskutiert werden.“ Das Thema werde noch „im Laufe des Jahres“ die Innenministerkonferenz beschäftigen, sei aber bisher „noch nicht auf Ministerebene diskutiert worden“. Geil: „Ich habe noch nichts abgezeichnet.“

Dennoch gab der Innenminister zu, die organisierte Kriminalität habe ein solches Ausmaß angenommen, daß man „sehr genau prüfen“ müsse, wie man ihr effektiver begegne. Laut Geil soll nur noch „ein Großteil“ der OK-Bekämpfung Sache der Polizei bleiben. Wer den Rest dann übernimmt, ließ Geil offen. Befragt, was der VS in der OK-Bekämpfung der Polizei voraushabe, antwortete der Minister: „Die Polizei darf keine nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen.“ Bevor man aber dem VS neue Aufgaben zuweise, müsse das Verfassungsschutzgesetz geändert werden. Geil umging dabei die Frage, inwiefern die OK mit ihren Mafiastrukturen schon heute als „verfassungsgefährdend“ gilt, was einen Eingriff des VS auch ohne Gesetzesänderung ermöglichen könnte.

Vom Abspecken des rheinland-pfälzischen VS ist Geil weit entfernt. Im Gegenteil: Das Personal bleibt, und die Ausgaben steigen sogar nochmals an, ohne das Geil gestern Zahlen nannte. Zwar spioniere die DDR nicht mehr auf bundesdeutschem Boden, zwar würden dadurch auch rheinland -pfälzische VS-MitarbeiterInnen frei, aber Geil ist „froh über jeden Mann“, den er jetzt anderswo einsetzen könne. Etwa in der Bewachung von Rechtsradikalen, denen er für 1989 einen überdurchschnittlichen Zulauf bescheinigte. Mehr Geld brauche der VS vor allem für „neue technische Anlagen“. Geil wollte gestern nicht ausschließen, auch Ex-Stasi-Leute aus der DDR in seinen VS einzustellen. Er werde dies „einer Einzelfallprüfung“ überlassen. Geil: „Ich kann doch nicht Zehntausende von Stasi-Mitarbeitern verdammen, ohne ihren Lebenslauf zu kennen.“

Ähnlich will Geil bei der Einstellung von DDR -Volkspolizisten in seine Polizei verfahren. Der Innenminister: „Uns liegt dafür eine Fülle von Bewerbungen vor.“ Schon allein die Zahl der bei ihm selbst eingehenden Bewerbungen sei „zweistellig“. Viele Vopos aber hätten sich auch direkt an Polizeidirektionen gewandt. Sie werden Geil zufolge „ganz normal ins Auswahlverfahren“ aufgenommen. Allerdings stoße dies an Grenzen: „Ab einem gewissen Dienstgrad wird das nicht mehr gehen. Den Polizeichef von Erfurt zum Beispiel könnten wir wohl kaum übernehmen.“

Einen „Erfolg“ verzeichneten Geil und der Mainzer VS-Chef Niesius mit ihrem Appell an Aus- und ÜbersiedlerInnen, ihre Geheimdiensttätigkeit aufzugeben. In der Tat, so Niesius gestern, hätten „eine ganze Reihe in den Geheimdienst verstrickter Aus- und Übersiedler sich gegenüber dem VS offenbart“ und ihren Auftrag offengelegt. Darunter seien jedoch keine der Spitzenagenten gewesen, auch nicht der kürzlich wegen Spionageverdachts verhaftete Mitarbeiter des Koblenzer Bundesgrenzschutzes.

Der frühere Präsident des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz, Günther Nollau, schätzt die Zahl der Spione in Bonn derweil immer noch auf „einige tausend“. Nach 'Spiegel'-Informationen arbeiten im Bundesgebiet mehr als 4.700 Agenten und andere Mitarbeiter für den Geheimdienst der US-Armee. Unter Berufung auf eine Studie des amerikanischen Bundesrechnungshofs berichtet das Blatt, für das „Army Intelligence and Security Command“ arbeiteten 4.478 Agenten in Uniform und 239 Zivilangestellte.

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