IWF-Chef wirbt für Konjunkturprogramme: Absage an Sparer und Mahner
Der IWF-Chef Strauss-Kahn warnt Deutschland vor einem zu schnellem Ende der Anti-Krisen-Programme. Öffentliche Investitionen hält er gegen die Wirtschaftskrise weiterhin für notwendig.
BERLIN taz | Wenn das Haus brennt, muss die Feuerwehr erst einmal den Brand löschen. Um die Schäden, die das Löschwasser anrichtet, solle man sich erst später kümmern. Mit diesem weisen Vergleich beschrieb Dominique Strauss-Kahn, der weißhaarige Chef des Internationalen Währungsfonds, seine Haltung zur Wirtschaftskrise. Zwischen den Zeilen warnte er damit auch die Bundesregierung vor einem zu schnellen Ausstieg aus der aktuellen Politik der staatlichen Konjunkturbelebung.
In der Rede, die Strauss-Kahn am Freitag auf Einladung der Bundesbank in Berlin hielt, ging es immer wieder um die "Exit-Strategie". Unter diesem Stichwort diskutieren die wichtigsten Wirtschaftsnationen (G 20) auch an diesem Wochenende in London, ob man allmählich genug Geld gegen die Wirtschaftskrise ausgegeben habe.
Vor allem die Bundesregierung warnt vor zu hoher Staatsverschuldung durch weitere, teure Konjunkturprogramme. Zusätzliche öffentliche Ausgaben zur Unterstützung der schwachen Konjunktur - die Abwrackprämie ist in dieser Woche ausgelaufen - wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) in engen Grenzen halten. In diesen Chor der Sparer und Mahner stimmte IWF-Chef Strauss-Kahn nicht ein.
In der französischen Tradition stärkerer Staatsintervention stehend, sagte Strauss-Kahn, man könne über die Exit-Strategie natürlich diskutieren, umsetzen dürfe man sie jetzt aber keinesfalls. Die milliardenteuren öffentlichen Investitionen seien noch einige Zeit notwendig, um die langsam wieder anziehende Konjunktur zu unterstützen. Ohnehin sieht der aus Frankreich stammende Chef des Währungsfonds die Gefahr einer nur "schleppenden Erholung". Nicht auszuschließen sei ein "Aufschwung ohne Arbeitsplätze", sagte er.
Und Strauss-Kahn überbrachte seinen 200 Zuhörern im Berliner Hotel Adlon eine weitere "schlechte Nachricht: Die Reform im Finanzsektor geht nicht schnell genug voran." Viel Arbeit sei noch notwendig, um beispielsweise die Eigenkapitalanforderungen für internationale Banken anzuheben. Die G-20-Finanzminister debattieren gerade in London, wie viel eigenes Geld die Institute künftig in Reserve halten müssen. Hohe Anforderungen würden die Sicherheit der Geschäfte erhöhen und die Gewinne der Banken senken. Bislang ist dies allerdings nur Theorie, praktisch umgesetzt wurde wenig.
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