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ITALIENS SAUBERMANN UND EXSTAATSANWALT GRÜNDET EIGENE LISTE„Lista Di Pietro“

Nun ist es also raus: Der einzig wahre Anti-Berlusconi heißt Antonio Di Pietro. Das jedenfalls meint Di Pietro selbst. Zwar regiert in Rom ein Bündnis, das vor allem durch die gemeinsame Gegnerschaft gegen Silvio Berlusconis Rechtsblock zusammengehalten wird, doch dem einsamen und edlen Streiter gegen die korrupte Politik genügt das nicht. Darf man Di Pietro glauben, dann gleichen sich Koalition und Opposition wie ein Ei dem anderen, dann tummeln sich allüberall die Wiedergänger seines früheren Erzfeinds, Bettino Craxi, den er als Staatsanwalt zur Strecke brachte. Zur Strecke bringen möchte er nun in einem Streich Ministerpräsident Amato und Oppositionschef Berlusconi – beide ehemals Craxi-Freunde.

Di Pietro ficht es nicht an, dass von seiner „dritten Kraft“ nur einer profitieren kann: der angebliche Hauptfeind Berlusconi. Das lässig der Koalition zugerufene „Selbst schuld!“ verrät Di Pietros wahre Absicht. Der Rechts-Sieg beim nächsten Urnengang ist für ihn schon abgehakt; spannend ist nur noch das Danach. Je verheerender die Schlappe von Mitte-links 2001 ausfällt, desto mehr Bedarf besteht an einem Retter. Da bringt sich einer schon in Stellung – und trägt mit der Spaltung der Anti-Berlusconi-Front das Seine dazu bei, die heimlich erwünschte Niederlage noch ein Stück verheerender zu machen. Erst muss halt reichlich Asche her, damit Phoenix Antonio zum Zuge kommt.

Dumm nur, dass Di Pietro bei seinen Vaterlands-Errettungs-Spielchen ausgerechnet beim bösen Buben Berlusconi plagiiert. Bis ins Mark verdorben seien die Parteien, da müsse eine Bürgerliste her, bestehend aus Leuten, die sich im Erwerbsleben gestählt haben, statt als Berufspolitiker die Zeit totzuschlagen – so tönte 1994 Berlusconi. So tönt jetzt wieder Antonio Di Pietro. Beim „Gegner“ auch begeht er ein Plagiat mit dem Selbstlob, die Kandidaten seiner Liste seien mitnichten demokratisch nominiert, sondern vom selbst ernannten Parteichef Di Pietro höchstpersönlich ausgesucht. „Lista Di Pietro“ ist da bloß der passende Name zu Programm und Parteistatut: Als Volkstribun will der frühere Staatsanwalt antreten, will er die Wählerschaft links von der Mitte mit Anti-Parteien-Tiraden und Geschimpfe auf „Politikaster“ ganz so für sich einnehmen, wie das Berlusconi auf der Rechten mit beträchtlichem Erfolg gelingt. Das wäre dann fürwahr die „echte Alternative“ zum Strahlemann der Rechten, von der Di Pietro träumt: ein Kampf auf gleicher Augenhöhe, in dem zwei Selfmade-Staatsmänner von eignen Gnaden mit politikverdrossenem Gezeter das wichtigste politische Amt des Landes erobern wollen. MICHAEL BRAUN

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