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INTERVIEWKeine Chance gegen Weisung aus Bonn

■ Monika Griefahn, Niedersachsens grüne Umweltministerin, zum Genehmigungsverfahren

taz: Kann die niedersächsische Umweltministerin nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Schacht Konrad ihre persönlichen Einwände gegen das Endlager noch ohne Vorbehalt äußern, oder sieht sie sich zur Neutralität verpflichtet?

Monika Griefahn: Äußern kann ich meine Einwände schon, ich darf nur das Ergebnis des Genehmigungsverfahrens nicht vorwegnehmen. Wir müssen als Aufsichtbehörde den Antrag ordnungsgemäß prüfen und können nur darauf hoffen, daß die Bürger unsere Kritik an dem geplanten Endlager teilen und sie in Form von Einwendungen aufgreifen.

Ihre Vorbehalte gegen die Sicherheit des Endlagers werden damit nicht mehr in die Genehmigungsentscheidung eingehen...

Wir werden die Einwendungen auswerten müssen. Und dabei werden wir unsere eigenen fachlichen Vorbehalte mit einbringen, zumal wir selbst noch Gutachten zum Endlager in Auftrag geben werden: zur Langzeitsicherheit und zur Bewertung der Transportrisikostudie, die der Bund jetzt gemacht hat. Außerdem streiten wir uns immer noch mit dem Bund, ob die Umweltverträglichkeitsprüfung nachgeliefert wird oder nicht.

Nach dem BVG-Urteil kann der Bund Sie zu einer Genehmigung, zu einem positiven Planfeststellungsbeschluß zwingen. Wie können Sie sich dagegen noch wehren?

Nach diesem Urteil ist es nicht mehr möglich, sich gegen eine solche Weisung zu wehren. Wir müssen die Einwendungen der Bürger auf den Hintergrund unseres eigenen fachlichen Urteils abwägen. Nach dem Erörterungstermin werden wir dann zu einem Ergebnis kommen. Wenn der Genehmigungsantrag dann abgelehnt wird, kann es jederzeit zu einer Weisung kommen, die uns zu einer Genehmigung verpflichtet. Gegen eine solche Weisung können wir nichts unternehmen, da uns das Urteil des Bundesverfassungsgerichts danach keine rechtlichen Möglichkeiten mehr läßt.

Es soll also dabei bleiben: Klaus Töpfer zieht die Fäden, und Monika Griefahn muß nach Anweisung für ihn in Niedersachsen die Kastanien aus dem Feuer holen. Ist dieser Zustand für Sie auf Dauer tragbar?

Schwerlich. Aber ich hoffe, daß wir die Öffentlichkeit dagegen mobilisieren können. Wir planen verschiedene Veranstaltungen zum Atomstaat und zur Endlagerung von Atommüll. Damit wollen wir deutlich machen, daß nicht die Landesregierung, sondern der Bund für die Atompolitik in diesem Lande verantwortlich ist.

Können Sie sich vorstellen, daß am Ende ein Staatskommissar aus Bonn die Genehmigung für Schacht Konrad schreibt?

Das wird sich zeigen, wenn wir die Einwendungen gesehen, die Gutachten geprüft und die sachliche Auseinandersetzung geführt haben. Ich weiß nicht, was Klaus Töpfer alles noch vorhat. Der Bundesumweltminister will mich jetzt ständig zu bundesaufsichtlichen Gesprächen nach Bonn zitieren. Er will sämtliche Maßnahmen, die jetzt zu treffen sind, von vorherein festzurren. Es ist noch nicht ganz klar, wie wir damit weiter umgehen.

Wären Sie am Ende nicht froh, wenn ein Beamter aus Bonn Ihnen diese Entscheidung für das Endlager und gegen diese Region abnehmen würde?

Diese Entscheidung würde trotzdem erst mal an der niedersächsischen Landesregierung hängen bleiben. Wir müssen die Öffentlichkeit mobilisieren und Bundesumweltminister Töpfer zeigen, daß es nicht angeht, mit solchen Atomstaat-Methoden von Bonn aus in Niedersachsen hineinzuregieren.

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