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INTERVIEWDie Regierungspartei sucht Sündenböcke

■ Interview mit ÁVÜ-Vorstandsmitglied László Urbán

taz: Die Ergebnisse der Privatisierung sind dieses Jahr weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Welche Konsequenzen werden daraus gezogen?

László Urbán: Ich glaube, es hat sich gezeigt, daß die spontane Privatisierung viel wirksamer ist als der von der ÁVÜ initiierte Weg. Die ÁVÜ könnte in Zukunft einen gewissen informellen Druck auf den gesamten Privatisierungsrozeß ausüben, während Initiative und Verhandlungsführung dem Unternehmensmanagement überlassen bleiben sollte. Im übrigen habe ich nie geglaubt, daß die spontane Privatisierung eine große Gefahr für Ungarn ist. Das Ungarische Demokratische Forum (MDF), die Regierungspartei, meint, Sündenbücke finden zu müssen. Ich halte nichts von einer Kampagne gegen die Manager. Man kann diese Leute nicht einfach alle absetzen und erwarten, daß neue aus dem Nichts auftauchen. Die Manager müssen sich bloß als kompetent erweisen, das wird dann dem ganzen Land helfen.

Welche Aussichten sehen Sie für die Privatisierung im nächsten Jahr?

Wenn ausländische Investoren die ungarische Wirtschaft so optimistisch einschätzen wie zur Zeit, ihr Interesse an Ungarn nicht nachläßt und sich die Wirtschaftslage nicht verschlechtert, dann können wir im nächsten Jahr auch die kritischen Schritte angehen. Das ist allerdings nur eine Möglichkeit, und es liegt nicht nur an der ÁVÜ, was geschehen wird. Wenn neue Skandale ans Licht kommen, dann werden aus den Reihen des MDF mit Sicherheit Anstrengungen unternommen, die Privatisierung wieder zu stoppen. Interview: Keno Verseck

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