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INTERVIEW„Künstler können nicht einfach so kommen“

■ Der ANC will Standards für Künstlerauftritte/ Jede/r müsse mit den demokratischen Organisationen und Gewerkschaften Absprachen treffen/ „Das ist doch normal“

Wally Serote ist südafrikanischer Schriftsteller und Leiter der ANC-Abteilung für Kunst und Kultur. In der Zeit des selektiven Kulturboykotts war der lange Zeit im Londoner Exil lebende Serote einer der ausschlaggebenden ANC-Funktionäre, die darüber entschieden, welche kulturellen Kontakte zwischen Südafrika und dem Rest der Welt erlaubt wurden.

taz: Es herrscht einige Verwirrung darüber, ob der Afrikanische National-Kongreß denn nun am Kulturboykott festhält oder nicht.

Wally Serote: Wir sind für Kontakte von Person zu Person. Unsere Interpretation ist, daß diese Kontakte zwischen den Personen, die nach Südafrika kommen, und den demokratischen Strukturen geschehen sollten. Deshalb müssen nach unserer Meinung bestimmte Regelungen getroffen werden, kommen Künstler hierher nach Südafrika.

Sie glauben also, daß die Aufhebung des Kulturboykotts durch die UNO und den Commonwealth nicht jedem Künstler automatisch die Tür öffnet, der nach Südafrika will?

Ja. Es gibt kein Land, wo man einfach nur so einreist. Zuallerst nimmt man doch Kontakt mit den Künstlergewerkschaften auf und richtet sich nach den Gepflogenheiten des Landes. Wenn beispielsweise Musiker in welches Land auch immer reisen, gilt doch die Entsprechung. Es sollte zu einer Art Gegenbesuch, zu einem Austausch kommen. Zweitens greifen Musiker in einem Gastland auf ortsansässige Kollegen zurück. Das wollen wir hier auch einführen.

Aber das klingt doch fast wie die Fortsetzung des „selektiven Boykotts“ und des Wirkens des „Kulturbüros“, was viele Leute sicher als eine Form der Zensur bezeichnen werden.

Wir wollen nur Regeln für kulturellen Austausch und Formen des Umgangs miteinander finden. Das ist doch normal zwischen Ländern.

Welche Organisation würde denn diese Funktion erfüllen? Ich nehme doch an, das kann nicht länger der ANC sein.

Der ANC wird auch weiter eine wichtige Rolle spielen. Aber das werden Organisationen wie die Sama (South African Musicians Alliance), COSAW (Congress of South African Writers), FAWO (Film and Allied Workers Organisation) und andere sein. Sie werden die Vereinbarungen ausarbeiten. An einem bestimmten Punkt muß der ANC dann natürlich all dies politisch interpretieren und dafür sorgen, daß sich alles auch in gesetzlichen Regelungen niederschlägt.

Was erwarten Sie von Künstlern, die nach Südafrika kommen?

Einmal, daß sie ihre Auftritte nutzen, wie Paul Simon das tut. Wir arbeiten zudem an einem Programm, das die von Apartheid verursachten kulturellen Ungleichgewichte beheben soll. Etwa, wie wir Leute durch Workshops trainieren können, die keine Ausbildung genießen konnten. Wir wollen, daß internationale Auftritte helfen, Apartheid zu zerstören. Darüber, wie das vor sich gehen kann, diskutieren wir im Moment. Interview: Hans Brandt

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