INDONESIEN: DIE NEUE PRÄSIDENTIN HAT IHRE FEINDE IM EIGENEN BOOT: Die Sollbruchstellen der „Miniwati“
Niemand hält die neue indonesische Präsidentin Megawati für fähig, Wunder zu vollbringen. Im Gegenteil: Böse Zungen nennen sie „Miniwati“ und werfen ihr Mangel an politischen Visionen vor. Sie zehre nur vom großen Namen ihres populären Vaters, des Staatsgründers Sukarno, heißt es.
Immerhin: Anders als ihr Amtsvorgänger Wahid nimmt Megawati die Wirtschaftsprobleme des Landes ernst. Seit Jahren verlässt sie sich auf eine Gruppe renommierter Ökonomen, die im korrupten Bankensystem aufräumen wollen. Allerdings haben einige schwerreiche Suharto-Günstlinge mittlerweile in ihrer Partei wichtige Posten erobert. Das erzürnt nicht wenige ihrer Anhänger, die nach wie vor die Bestrafung der korrupten Suharto-Elite fordern. Politisch gefährlich könnte auch ihr eigener Ehemann Taufiq Kiemas werden, der – anders als Megawati selbst – als überaus geschäftstüchtig gilt und sein Vermögen in den letzten Monaten auf wundersame Weise vermehren konnte.
Megawati ist der Gedanke, den Randregionen mehr Selbständigkeit gegenüber der Zentralregierung in Jakarta zu gewähren, ein Gräuel, weil sie das Erbe ihres Vaters nicht gefährden will. Deshalb will sie das Autonomiegesetz rückgängig machen, das den Provinzen seit Jahresbeginn mehr Entscheidungsmacht brachte. Diese neue Freiheit werden sie ungern dem glühenden Nationalismus Megawatis opfern. Große Angst müssen die Bewohner der Unruheprovinzen Aceh und Irian Jaya haben: Dort kämpft das Militär seit Monaten gegen separatistische Gruppen und terrorisiert die Zivilbevölkerung. Unter Megawati, die vor solchen Verbrechen die Augen schließt, wird die Armee weiter ungehindert zuschlagen können. Und wie schon unter Suharto wird sich im fernen Jakarta niemand dafür interessieren, solange es nur auf der Hauptinsel Java ruhig bleibt. Schon ahnen Bürgerrechtler, dass die Zeit der großen Pressefreiheit, die nach dem Sturz Suhartos begann, zu Ende gehen könnte, falls das Militär sich unter Megawati wieder stärker in die Politik einmischen darf. Dies würden viele Indonesier wohl in Kauf nehmen, wenn nur endlich wieder Ruhe im Land einkehrt. JUTTA LIETSCH
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