IN PERU HAT SICH FUJIMORI ZUM SIEGER DER PRÄSIDENTENWAHL ERKLÄRT: Permanenter Staatsstreich
Peru hat gewählt. Und zwar genau das, was es zu wählen gab: den amtierenden Präsidenten Alberto Fujimori. Aber Fujimori hatte keinen Gegner. Der Kandidat der demokratischen Opposition, Alejandro Toledo, hat die Wahlen boykottiert. Und er tat gut daran. Seine Teilnahme hätte den faulen Wahlprozess nur legitimiert. Beim ersten Wahlgang wurden mehr Stimmen abgegeben, als Menschen im Wahlregister stehen, es tauchten Wahlzettel auf, auf denen Toledos Name fehlte, und die Stimmauszählung hat Tage gedauert – einmalig in Lateinamerika. Für den zweiten Wahlgang war nichts anderes zu erwarten als eine Wiederholung der Betrügereien des ersten. Fernsehen und Boulevardpresse wurden von Fujimori an die Kette gelegt und besudelten Toledo mit Fäkalien, wenn sie überhaupt über ihn sprachen. Das Computersystem für die Stimmauszählung blieb ein absturzgefährdeter Rechner, in dem Fujimoris Informatiker herumpfuschen können, wie sie wollen. Unter solchen Umständen sich mit Fujimori an den Urnen messen zu wollen wäre in etwa so, als ob ein gemeiner Wirtshausschläger gegen Mike Tyson in den Ring stiege.
Fujimori hat seine Machtverlängerung von langer Hand geplant. Nach seiner Wiederwahl im Jahr 1995 hat er das Verfassungsgericht abgesetzt und das Justizsystem mit Vasallen durchsetzt. Militär und Polizei hören auf sein Kommando beziehungsweise auf das seines Geheimdienstberaters Vladimiro Montesinos. Die meisten Fernsehsender und Zeitungen sind ihm hörig. Spätestens seit der von Fujimori kontrollierte Kongress die Verfassung derart verbogen hat, dass Fujimori sich eine dritte Amtszeit genehmigte, war klar, er würde auch die nächsten Wahlen gewinnen – egal wie. Somit setzt er fort, was er 1992 mit Hilfe der Militärs begonnen hat: einen Putsch gegen die Demokratie in Peru. Die Wahlen sind Teil seines permanenten Staatsstreiches.
Sicherlich steht etwa ein Drittel der Bevölkerung hinter ihm. Aber ob es für ihn rein rechnerisch zum Präsidenten reichen würde, haben die Peruaner bei diesen Wahlen nicht erfahren. Toledo steckt seit Sonntagabend in der Klemme. Er ist nicht mehr Kandidat, und es wird ihm schwer fallen, die Menschen weiterhin zu mobilisieren. Am Montag gingen die Demonstranten wieder zur Arbeit oder in die Universität. Wie aber den Ball in der Luft halten? Wie dafür sorgen, dass die Demonstranten nicht müde werden? Die Amtseinführung Fujimoris am 28. Juli könnte ein Termin für eine weitere Massenmobilisierung sein. Toledo hat sich Schweres vorgenommen: Fujimori von der Straße aus aus dem Präsidentenpalast zu jagen. Aber es gibt keinen anderen Weg. INGO MALCHER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen