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IM in der StasibehördeDie große Stasi-Umverteilung

In der Stasi-Unterlagenbehörde arbeiten noch 47 ehemalige Stasi-Mitarbeiter. Die sollen nun versetzt werden. Nach monatelangen Diskussionen hat sich die Regierung darauf geeinigt.

Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes: 47 Mitarbeiter sollen versetzt werden. Bild: jpg

BERLIN epd | Die Koalitionsparteien im Bundestag wollen die 47 in der Stasi-Unterlagen-Behörde beschäftigten ehemaligen Stasimitarbeiter nun per Parlamentsbeschluss in andere Bundesbehörden versetzen.

Union und FDP hätten sich darauf verständigt, die geplante Novelle des Stasi-Unterlagen-Gesetzes durch einen entsprechenden Passus zu ergänzen, bestätigte die Unions-Fraktion am Montag. Mit der Verabschiedung ist möglicherweise Ende September zu rechnen.

Die Opposition kritisierte die Wahl des Mittels. "Eine Lex Jahn halte ich für rechtspolitisch problematisch", sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) in der Mitteldeutschen Zeitung. Der Grünen-Abgeordnete Wolfgang Wieland verwies darauf, dass das fragliche Gesetz den Umgang mit den Stasiakten regele: "Eine Passage darin aufzunehmen, was man mit Pförtnern oder Chauffeuren macht, ist ein Systembruch." Die Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft erklärte hingegen, die Koalitionspläne seien "ein rechtsstaatlich sauberer Weg".

Der Passus zu den Stasimitarbeitern ist der zweite Streitpunkt bei der Neuregelung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes. Dissens herrscht auch in der Frage, in welcher Weise der Personenkreis für Stasiüberprüfungen wieder ausgeweitet werden soll. Laut Wieland wollen Grüne und SPD sich daher bei der Abstimmung im Bundestag enthalten. Die Linkspartei hält die Neuregelung für grundsätzlich verfassungswidrig.

Der neue Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, hatte bei seinem Amtsantritt im März eine Weiterbeschäftigung der heute noch 47 ehemaligen hauptamtlichen Stasimitarbeiter als unvereinbar mit der Glaubwürdigkeit der Behörde bezeichnet. Bislang sind alle Versuche Jahns gescheitert, die Mitarbeiter freiwillig zur Versetzung und andere Bundesbehörden zu ihrer Aufnahme zu bewegen. Da sie bereits seit Gründung der Stasi-Unterlagen-Behörde 1991 dort beschäftigt sind, ist eine Kündigung aus arbeitsrechtlichen Gründen ausgeschlossen.

Die Ankündigung Jahns, die Beschäftigung der ehemaligen hauptamtlichen Stasimitarbeiter in seiner Behörde nicht weiter dulden zu wollen, hatte im Frühjahr zu einer heftigen Kontroverse zwischen ihm und SPD-Politikern geführt. Deren Innenexperte im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, hatte Jahn vorgeworfen, ein "Eiferer" mit "Schaum vorm Mund" zu sein.

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9 Kommentare

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  • P
    pittiplatsch

    Die kleinen müssen immer bluten, wenn die Herrschaft wechselt.Dass ist warscheinlich in jedem System so.

    Die richtigen Gauner arbeiten nicht als Pförtner.

    Die sitzen am Tegernsee(Schalk-Golodkowski),gesponsert von der CSU.

  • C
    Checker

    @mars: Absolut richtig. In diesem Artikel (und anderen) bleiben zentrale Fragen voellig aussen vor, sie werden noch nichtmal angerissen. Dabei waeren diese Fragen vermutlich gar nicht so schwierig zu klaeren, und mussten ja eigentlich in der oeffentlichen Diskussion, wenn nicht sogar beim Gesetgebungsverfahren eine Rolle spielen.

  • C
    cyctologie

    muss mich berichtigen.

    habe da unsinn geschrieben.

    faschismus hatten wir in deutschland ja nicht.

     

    und ich möchte mich bei den stasi mitarbeitern entschuldigen.

    ich meinte den herrn jahn mit schaum vorm mund.

  • W
    Weinberg

    Als Stasi-Betroffener (ich bin „Miteigentümer“ von zwei Opferakten) stelle ich fest, dass den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP sowie dem neuen „Stasi-Jäger“ Jahn offenbar das geltende Recht nicht gegenwärtig ist.

     

    Offenbar provozieren diese Herrschaften (mit Schaum vorm Mund) die nächsten Niederlagen vor den Gerichten. Der schwarz-gelben Politikerriege fehlt es offenbar an der nötigen Lernfähigkeit.

     

    Ich frage mich aber auch, ob der ehemalige DDR-Bürgerrechtler Jahn der richtige Mann am richtigen Platz ist. Da habe ich jedenfalls gewisse Zweifel.

     

    Man muss sich schließlich fragen, aus welchen Gründen Gauck bei der Gründung der Stasi-Unterlagenbehörde nicht auf die Übernahme bzw. Einstellung des früheren „Stasi-Fußvolks“ verzichtet hat. Ich empfehle dem guten Herrn Jahn, diesbezüglich seinen Vor-Vorgänger und auch Frau Birthler zu fragen.

  • E
    Efes

    Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen das zB ein Herr Filbinger MPinisterpräsi werden konntewird und Bundesverdienstkreutzbekommt, während die hauptamtliche Stasi-Klofrau (keine Übertreibung) mit Berufsverbot belegt wird.

     

    Man darf halt nicht auf der falschen Seite stehen bzw: Vae Victis!

  • W
    willy

    "Lex Thierse" wär auch Scheiße!

  • C
    cyctologie

    das schlimme ist doch, dass mal wieder schaum vor die münder der jenigen tritt welche die DDR irgendwie anders in erinnerung haben als herr jahn.

     

    ich hoffe ich werde noch die zeit erleben in der sich niemand gezwungen fühlt briefe an castro zu schreiben, die historisch absolut gegeben gründe für den mauerbau immer wieder sich gegenseitig als undemokratische frechheit oder als eben das notwendige übel um die ohren zu hauen.

     

    die lehren der geschichte sind doch ganz einfach:

    nie wieder faschismus!

    there is power in a union!

    menschen und bürgerrechte!

     

    die sieger der geschichte sollten endlich das ihrer politischen heimat nachgesagte understatement lernen statt endlos weiter zu provozieren.

     

    der staat zerreißt und herr jahn lebt im jahr 1991. erschreckend, traurig, unglaublich.

  • M
    mars

    Was mir bei dieser Berichterstattung hier und in anderen Medien zu kurz kommt sind folgende Fragen:

     

    Welche Aufgaben haben diese 47 Personen in der Behörde? Machen Sie einen guten Job? Arbeiten sie aufrichtig an der Aufarbeitung der STASI Verbrechen mit? Oder haben sie mit dieser Arbeit etwa garnichts zu tun? Wie rechtfertigen diese Personen ihr verbleiben in der Behörde?

     

    All diese Fragen müssen meiner Meinung nach beantwortet werden um mir eine unabhänige Meinungsbildung zu ermöglichen. Basierend auf dem vorliegenden Artikel kann ich das Geschehen höchstens nach politischer Farbe und meinen Vorurteilen bewerten. Das ist schade.

     

    Sicher kann man nicht erwarten, das jedes Thema in EINEM Artikel in voller Bandbreite behandelt wird. Was ich aber von Qualitäts journalismus im Internet-Zeitalter erwarte sind Links aus andere Artikel - auf Quellen und Ressourcen die es mir erlauben würden das Artikelthema allseitig zu erschließen - wenn ich es den will.

  • H
    HVA

    Dann danken wir mal den Mitarbeitern.

    Hoffentlich haben Sie ihre Arbeit gründlich erledigt.

    Und alles was dem Vater "Jahn" nützen würde beiseite geschafft.

    Wieder mal ein Berufs-Verfolgter der sich einen Posten ergattert hat.

    Von der einigermaßen vorhandenen Sachlichkeit der Vorgänger ist bei diesem Herren nichts zu bemerken.