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I N T E R V I E WAndere Formen des Kampfes finden

■ Gespräch mit dem Abgeordneten Massimo Teodori, der der Auflösung der Radikalen skeptisch gegenüberstehen

taz: Massimo Teodori, ist die Radikale Partei am Ende?

Teodori: Das glaube ich nicht. Es geht wohl nicht um das Ende oder Nicht-Ende. Wir machen weiter, wenn die italienische Demokratie Bedingungen zuläßt, unter denen eine Partei, die nicht von der Macht, sondern vom Recht, von der Verfassung lebt, ihre Aktivitäten weiterverfolgen und ihr Ziel realisieren kann. Also? Meiner Meinung nach sind die Bedingenen sehr hart. Die Radikale Partei, heute und gestern ist kaum für solche Kämpfe gerüstet. Wir müssen stärker werden. Wie fühlt man sich denn als Alt- Radikaler, wenn die Mitglieder Ministerpräsident Craxi Ovationen bereiten? Der Applaus hat wohl vor allem dem ersten Ministerpräsidenten gegolten, der jemals einen Kongreß der Radikalen besucht hat. Aber er galt auch dem Vorsitzenden einer Sozialistischen Partei, die in den letzten ein, zwei Jahren eine Konvergenz zu Themen der Radikalen gezeigt hat. Manche sagen, die Radikalen nähern sich den Sozialisten an – ich würde sagen, die Sozialisten haben sich den Radikalen angenähert. Es sieht aber doch so aus, als würde Craxi lediglich – für den Fall eurer Auflösung – die Wähler erben wollen. Ja, damit mag vielleicht mancher liebäugeln. Ich warne davor: Die Radikalen-Sympahtisanten haben sich nie in Radikalen- Stimmprozenten ausgedrückt. Wir haben vor den letzten Wahlen zur Enthaltung aufgerufen, viele geben ihre Stimme grundsätzlich ganz verschiedenen Parteien. Außerdem heißt die Alternative für die Radikale Partei – sollte sie sich auflösen – nicht Einzug in eine andere Partei, sondern die Schaffung einer Volksbewegung, die z.B. massenweise zu Stimmenthaltung aufruft, um so der Partitokratie das Nichtvertrauen zu zeigen. Dokumentiert ihr mit euren Ovationen für Craxi aber nicht eher, daß ihr mit den Partitokraten kungelt? Sicher sind alle, die etabilierten Parteien noch angehören, Mitglieder der Partitokratie; zum Teil sind sie offenbar aber auch Opfer eben dieser Partitokratie, kommen aus den selbstangelegten Fesseln nicht mehr heraus. Wir jedenfalls suchen unsere Partner dort, wo wir unsere Ziele durchsetzen können. Das haben wir mit Sozialisten und Liberalen getan, einandermal mit der PCI-Jugend, dann wieder mit den Grünen.

Das Gespräch führte Werner Raith

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