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I N T E R V I E W Weg frei für START–Abkommen

■ Dunbar Lockwood vom Reagan–kritischen „Center for Defense Information“

taz: Welche politischen Bedingungen hat der Kongreß in diesem Jahr an die Bewilligung der Haushaltsmittel des Pentagon geknüpft? Dunbar Lockwood: Wie schon im letzten Jahr ist der Versuch gescheitert, Nukleartests auf Sprengsätze unter einer Kilotonne zu beschränken, weil die Demokraten unmittelbar vor dem Gipfel von Reykjavik und vor den Zwischenwahlen zum Kongreß nicht als zu weich gegenüber dem Kommunismus erscheinen wollten. Immerhin wurde ein Testverbot für Antisatellitenwaffen durchgesetzt, und bei den SALT II– Obergrenzen und dem ABM–Vertrag gab es Kompromisse. Kurz zusammengefaßt kann man sagen, daß der Kongreß in den nächsten zwölf Monaten ein Vetorecht über SDI–Tests hat, die den ABM–Vertrag verletzen würden. Was halten die Präsidentschaftsbewerber der Demokratischen Partei von SDI? Sie haben sich alle für die Einhaltung des ABM– Vertrags ausgesprochen und wollen die Mittel für das SDI–Programm beschränken. Es könnte auch sein, daß sie das Programm umstrukturieren und sich auf die Erforschung von Laserkanonen konzentrieren, anstatt zu versuchen, möglichst rasch kinetische Abwehrwaffen im Weltraum zu stationieren. Ich denke, sie würden vor allem mit dem Mythos vom undurchdringlichen Schutzschild über der amerikanischen Bevölkerung Schluß machen, aber doch versuchen, die Silos der Interkontinentalraketen zu schützen. Wie soll die Hürde SDI bei den Verhandlungen für ein START–Abkommen überwunden werden? Ein mögliches Szenario ist, daß es nach einer erfolgreichen Ratifizierung des INF–Vertrags den sogenannten Gemäßigten wie Shultz und Nitze gelingt, einen Kompromiß zu finden. Reagan müßte überzeugt werden, daß man einigen spezifischen Begrenzungen des SDI–Programms zustimmen kann, ohne den Forschungs– und Entwicklungsprozeß zu verlangsamen. Solche Begrenzungen könnten Obergrenzen für die Helligkeit von Lasern, die Ausmaße von Reflektoren oder die Geschwindigkeit von Abfanggeschossen sein. Mit einem solchen Kompromiß hätten die US–Unterhändler in Genf etwas anzubieten, dem Michail Gorbatschow vielleicht zustimmen würde. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, daß ein solcher Vertrag schon bei einem möglichen Gipfeltreffen in Moskau im nächsten Jahr unterschriftsreif wäre.

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