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I N T E R V I E W „Hitler liebte die Buren“

■ Ein Interview mit Goebbels ehemaligem Propagandisten in Südafrika, Dr. Erik Holm

Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges begann Goebbels Propagandaministerium mit Radiosendungen in der Sprache Afrikaans (Kapholländisch) nach Südafrika. Zielgruppe waren die Buren, die sich gegen die Beteiligung Südafrikas am Kampf gegen die Nazis wehrten und mit eigenen Untergrundorganisationen Sabotageanschläge gegen das südafrikanische Militär verübten. Die Sendungen wurden geleitet von Dr. Erik Holm, einem 1907 geborenen deutschstämmigen Südafrikaner, der in den dreißiger Jahren in Deutschland Archäologie, Kunstgeschichte und Germanistik studiert hatte. Holms Sendungen hatten einen erheblichen Einfluß. Noch heute erzählen viele Buren, wie sie in den Kriegsjahren in kleinen Gruppen in abgelegenen Farmhäusern oder bei Treffpunkten im Busch heimlich die verbotenen Sendungen aus Ziesen bei Berlin hörten. Sie erhofften sich von einem Sieg Hitlers über die verhaßten Briten ihre „Befreiung“ von der Kolonialmacht und die Gründung einer Burenrepublik in Südafrika. Nach dem Krieg wurde Holm zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Als 1948 die Nationale Partei an die Macht kam, wurde er sofort freigelassen. Holm bekam eine Stelle im Bildungsministerium, das von einem alten Bekannten geleitet wurde: dem späteren Premierminister John Vorster. taz: Nach dem Tod von Rudolf Hess haben Sie und Ihre Familie sich im August an einer Gedenkfeier für Hess in Pretoria beteiligt. Warum? Holm: Erstmal hatte der Hess nichts anderes vor, als einen Frieden zu machen. Er hat gewußt, daß die Engländer den Krieg bewußt getrieben haben und daß die Deutschen überhaupt keine Lust an diesem Krieg hatten. Im Gegenteil, der Hitler bewunderte die Engländer immer noch. Der hatte auch immer gesagt, daß man das englische Empire nicht angreift, weil das eine Macht darstellt für den weißen Menschen in der ganzen Welt. Aber der Krieg ist ausgebrochen worden und zwar nicht von deutscher Seite, sondern ganz offensichtlich von englischer Seite. Südafrika kämpfte als ehemalige britische Kolonie gegen den Willen der meisten Buren auf Seiten der Alliierten. Sie haben andererseits während des Krieges von Berlin aus Sendungen in Afrikaans nach Südafrika gemacht. Ja. Aber ich habe eine Forderung an Hitler gehabt. Wenn ich mit der Sendung weitermachen soll, dann müßte er mir bestätigen, daß die Deutschen keine Absicht haben, Südafrika den Krieg zu erklären. Das habe ich schriftlich von ihm gekriegt. Er hat sogar gesagt: „Wir werden auf unsere Kolonie verzichten (Deutsch–Südwestafrika - Namibia), wenn wir in Frieden bleiben mit den Buren.“ Er liebte die Buren. Christiaan De Wet (General im Burenkrieg 1899–1902) schätzte er als den besten General, den es je gegeben hat. Ihre Sendungen haben einen großen Einfluß auf die Buren in Südafrika gehabt. Noch heute sprechen viele Buren mit Bewunderung von Ihnen. Es hat keiner Auswirkung von mir bedurft. Es war eine ganz große Liebe zwischen den Deutschen und den Buren. Das Volk der Buren war immer mit den Deutschen. Die wollten nach dem Ausbruch des Krieges auch die andere Seite hören. Das waren objektiv denkende Menschen, die nicht nur politisch gedacht haben, sondern auch menschlich, historisch und rassisch. Sie haben gewußt, daß die Stellung des europäischen Menschen in der Welt bedroht war. In zwei Weltkriegen haben die weißen Völker der Welt sich gegenseitig erniedrigt, geschlagen und vernichtet und dafür gesorgt, daß die Farbigen zugucken. Die Ehre und das Ansehen der weißen Rasse war damit erledigt. Aber man darf ja jetzt kein Wort mehr verlieren über den Unterschied in der Rasse zwischen Weißen und Schwarzen. Nach dem Krieg wurden Sie in Südafrika des Hochverrats angeklagt und zu zehn Jahren Haft verurteilt. Man hat genau gewußt, daß mein Prozeß eine Katastrophe sein wird. Oswald Pirow, der frühere Justizminister, hat mich kostenlos verteidigt. 18 Monate hat der Prozeß gedauert. Die Regierung mußte vier Mal den Ankläger wechseln. Letztendlich hatten sie einen dreckigen kleinen Juden aus Johannesburg. Aber ich wußte ja, daß das Volk immer auf meiner Seite gewesen ist. Das hat sich sehr bald bewiesen. Denn ich habe meine Strafe ja gar nicht ausgedient. Ich war kaum ein Jahr im Gefängnis, da war der Umschwung da.

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