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I N T E R V I E W Gerührt über die kleinen Leute

■ Park Young–Sook, Vizevorsitzende der neuen südkoreanischen Oppositionspartei PPD

taz: In Korea sind Frauen traditionell von politischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. Wie sind Sie an das hohe Parteiamt gekommen? Park Young–Sook: Meine Familie ist seit langem mit der von Kim Dae Jung befreundet. Wie jener wurde auch mein Mann (der bekannte Befreiungstheologe Ahn Pyung–Mu, d. Red.) vom Miltärregime verfolgt. Kims Frau und ich haben uns lange Jahre in der kirchlichen Frauenarbeit engagiert. Als die Partei für Frieden und Demokratie vor drei Wochen gegründet wurde, baten die Initiatoren die Frauenorganisationen, sieben Frauen für führende Positionen zu benennen. Wir sagten: das geht nicht, dann bricht ja die ganze Bewegung zusammen. Schließlich wurde beschlossen, daß ich die Sache übernehmen sollte, weil ich auch bei Frauen der Mittelklasse Anklang finden könnte. Und wie fühlen Sie sich in der neuen Rolle? Bislang hat sich nicht viel geändert im Vergleich zu meinem Leben als Dissidentin. Alle meine Mitarbeiterinnen sind von den Frauengruppen und im Wahlkampf wird unsere Arbeit von den Männern ohne weiteres anerkannt. Ein Drittel der PPD–Mitglieder sind Frauen, was sehr ungewöhnlich ist. Warum unterstützen Frauen Kim Dae Jung? Aus der Sicht einer Mutter kann ich sagen: ich will keine Folter, kein Tränengas, keine Verhaftungen und keine Studentenaufstände mehr. Kim Dae Jung ist der einzige, der hier vermitteln kann. Er ist der einzige, der die Arbeiter befriedigen kann, weil er über die Einkommensverteilung nachdenkt. Er ist ein Opfer von Kwanju und daher mehr als die anderen an nationaler Versöhnung interessiert. Die PPD wurde erst kürzlich gegründet. Wie organisiert man/frau in drei Wochen eine Partei? Mit der Unterstützung des Volkes. Wir bekommen jeden Tag 60 Millionen Won an Spenden. (500 Won=1 DM, d. Red.) Das ist natürlich viel zu wenig, aber wir sind die einzige Partei, die Geld vom Volk bekommt, anstatt es zu bestechen. Der Fahrer, der unsere ganzen Plakate transportiert, nimmt kein Geld. Ich könnte manchmal heulen vor Rührung, was kleine Leute uns geben. Was halten Sie von Hong suk–ja, der jetzt zurückgetretenen einzigen Präsidentschaftskandidatin? Über ihre Kandidatur habe ich mich gefreut, aber daß sie zu Kim Young Sam übergelaufen ist, hat der Frauenbewegung unendlichen Schaden zugefügt. Die nächsten zwanzig Jahre kann hier keine Frau mehr kandidieren.

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