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Hysterische Zicken, geile Blondinen

■ Ilona Schulz & Petra Zieser: Weibliche Psychodramen in der Bar jeder Vernunft

Das Sommerloch wächst. Wie sonst kommt es, daß ausgerechnet ich – eine überzeugte Feministin, der man einen frauenfeindlichen Witz so oft erklären muß, bis er keiner mehr ist – über das neue Programm von Petra Zieser und Ilona Schulz schreiben soll. Schulz & Zieser sind ein neues kabarettistisches Frauenduo, einziges Thema ihrer „Musik- Comedy-Show“ ist das schönere Geschlecht. Kein Klischee fehlt: Hysterische Zicken, geile Blondinen, Möchtegern-Stars, verlassene Hausfrauen und sächselnde Tupperware-Verkäuferinnen.

Alle, die schon immer mal herzhaft über die Blödheit von Frauen lachen wollten: ab in die Bar jeder Vernunft! Dort lassen sich Schulz & Zieser nämlich „weder von unseren Müttern, noch von irgendeinem Regisseur und schon gar nicht von einer sehr, sehr guten Freundin vorschreiben, wie wir uns zu benehmen haben, was wir anziehen sollen und welche frauenfeindlichen Witze wir machen dürfen.“

Eine von diesen sehr guten Freundinnen hat mich in der Pause auf der Toilette dabei ertappt, wie ich gerade einen Pickel ausdrücke. Zu meinem Entsetzen fragt sie mich, wie mir die Show gefällt. „Einiges ist ganz gut!“, scheint mir die diplomatischste Antwort, und im Gegenzug will ich von ihr wissen, wer sie ist. Viele Leute sitzen nämlich nicht in der Generalprobe. „Ich bin die gute Freundin!“ – „Ach so, ach die! Und wie gefällt es dir?“ – „Na ja, es geht!“ Freundinnen sind Verräterinnen, und die taz liebt sowieso den Verriß.

Was hat zu dieser lauwarmen Reaktion geführt? Eine große Blonde (Petra Zieser) und eine etwas kleinere Dunkle (Ilona Schulz) treffen sich auf der Bühne. Und spielen dort zum Beispiel den Sketch von der Spirale. Die sitzt nicht mehr richtig bei der Blonden. Deshalb hüpft sie nur noch. Es folgt eine Szene auf einer Tupperware-Party, bei der die Verkäuferin zur Lebensberaterin der betrogenen Ehefrau wird. Dieser Sketch endet als Slapstick, die Hausfrau mit dem Eimer auf dem Kopf wird von der Tupperware-Vertreterin mit Plastikdosen beworfen. Das ist schon ein kleiner Vorgeschmack auf das spätere Kasperletheater, bei dem sich Lady Di und die Queen so richtig verprügeln, weil Di es mit „Pädo-Phil“ im „Fuckingham“-Palast trieb. Zwischen den Sketchen werden Blondinenwitze nachgespielt: Gitti im hellblauen karierten Mini und Titi im rosaroten karierten Mini treffen sich. „Warum sitzt du im Sommer auf der Heizung?“ – „Der Installateur sagt, die leckt!“ Juchu, ich hab' die Pointe kapiert!

Der rote Faden, der sich durch die Show zieht, ist Ilonas Männerlosigkeit – Achtung, Mitmachspiele! – und Petras Neid auf alle anderen Frauen. Im Interview der Fotojournalistin Schulz mit dem Starlet Zieser, das eine katastrophale Kindheit zu beklagen hat, laufen die beiden zu Höchstform auf. Starlet Zieser antwortet aggressiv auf nichtgestellte Fragen, während sie Pralinen in sich hineinstopft. Genial ist auch die Szene mit den zwei Sekretärinnen. Vor allem wegen des mit Spitzen und Nippes verzierten Keyboards, das sie sich als Bauchladen umgehängt haben.

Alles in allem ist die „Musik- Comedy-Show“ kein „Scheibenwischer“, obwohl Petra Zieser bei Hildebrand schon Stunden genommen hat. Richtig gut sind aber auf jeden Fall die Kostüme: Yoshio Yabara und Barbara Kremer haben sie gemacht.

„Petra hat mich früher gehaßt“, sagt Ilona Schulz nach der Vorstellung. (Wahrscheinlich, als sie zusammen im Grips-Theater bei „Linie 1“ spielen mußten.) Warum spielen die beiden dann überhaupt miteinander, wenn sie sich so wenig ausstehen können, wie sie auf der Bühne nicht müde werden zu betonen? „Ja, die Haß- und Neidtiraden der Frauen untereinander: Wenn man's dann mal öffentlich sagt, ist man gleich frauenfeindlich“, stöhnt Ilona. Recht hat sie. Frauen zerfleischen sich wie Wölfe – aber natürlich nur psychisch, echte Gewalt wird ja den Männern überlassen.

Jeder Witz wird langweilig, wenn man ihn zu oft hört. Da kenn' ich mich aus. Und jetzt weiß ich auch, was mich bei Schulz & Zieser so irritiert hat: Selbst ich hab' alle Pointen verstanden, weil einfach zu oft im gleichen Loch rumgestochert wurde. Waltraud Schwab

Schulz & Zieser „Duett ist eine zuviel“, 8.–20. 8., 20.30 Uhr, Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24.

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