: Hurenfeindliches Bonn
■ Regierung bezieht Stellung: Prostitution ist „sozial unwertig“
Bonn (taz/dpa) – Obwohl die Mehrheit ihrer männlichen Vertreter zweifelsohne schon sexuelle Dienstleistungen in Anspruch genommen hat, gibt sich die Bundesregierung hurenfeindlich. Prostitution, so meint Bonn, ist kein Gewerbe, weil sie gegen das „Anstandsgefühl aller Billig- und Gerechtdenkenden“ verstößt und damit „sozial unwertig“ ist. Dies geht aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage von Bündnis 90/ Die Grünen hervor.
Prostituierten-Selbsthilfegruppen fordern seit Jahren, daß ihre sexuellen Dienstleistungen anderen Dienstleistungen rechtlich gleichgestellt werden. Doch davon wollen prüde Unionspolitiker nichts wissen. Prostitution, so die Bonner Auffassung, die sich auf die Rechtsprechung des BGH stützt, sei zwar nicht verboten, werde aber als Verstoß gegen die für Sittlichkeit und Sexualität geltenden Grundsätze menschlichen Zusammenlebens gewertet. Damit falle sie nicht unter die Vorschriften des Gewerberechts. Davon unberührt sei jedoch die Steuerpflicht. Der Staatskasse ist's schließlich egal, auf welche Art sie sich füllt. Da darf auch mal was gegen die guten Sitten verstoßen.
Außerdem könnten Prostituierte ein vereinbartes Entgelt für „gewährte geschlechtliche Hingabe“ nicht einklagen, weil ihre Dienstleistungen eben sittenwidrig „und damit nichtig“ seien. Ein Freier, der eine Prostituierte um den vereinbarten Lohn prellt, begehe danach keinen Betrug.
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