Hungerstreik wegen Militärkritik: Ägyptischer Blogger nicht mehr im Koma
Maikel Nabil Sanad ist aus dem Koma aufgewacht, aber immer noch geschwächt. Mit seinem Hungerstreik protestiert der Ägypter gegen seine Behandlung im Gefängnis.
KAIRO taz | Der inhaftierte Wehrdienstverweigerer und Militärkritiker Maikel Nabil Sanad ist seit dem 23. August im Hungerstreik. Der 25-Jährige protestiert damit gegen seine Inhaftierung und seine Behandlung im Gefängnis. Am 30. August stellte er auch das Trinken ein. Drei Tage später fiel er ins Koma und wurde in ein Militärkrankenhaus verlegt. Nach Aussagen von Freunden wurde er am Dienstag zurück in Kairos Al-Marg-Gefängnis gebracht. Seit er wieder trinke, habe sich sein Zustand etwas stabilisiert.
Sanad war im April von einem Militärgericht wegen "Beleidigung der Armee" und "Verbreitung von Falschinformationen" zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte in seinem Blog die Rolle des ägyptischen Militärs während der Revolution kritisiert. Sanad ist Ägyptens einziger Wehrdienstverweigerer und war bereits vor der Revolution mehrmals kurzzeitig inhaftiert. Er gehörte der Jugendbewegung 6. April an.
Doch nachdem er während der Revolution eine Solidaritätsadresse an Israel sandte und einem israelischen Sender ein Interview gab, brachen weite Teile der Bewegung mit ihm. Als er verhaftet und verurteilt wurde, fand er in Ägypten anders als im Ausland kaum Unterstützung. Gruppen wie "Nein zu Militärtribunalen für Zivilisten", die Gefangene unterstützen, verhielten sich still.
Als Mitte August die Bloggerin und Aktivistin Asmaa Mahfuz unter denselben Vorwürfen wie Maikel vorgeladen wurde, nach Zahlung von 3.300 Euro jedoch nach Stunden wieder freikam, warf dies auch wieder Licht auf den Fall Sanad. Als er in den Hungerstreik trat, fand er erstmals seit Monaten breite Unterstützung: Die Gruppe "Nein zu Militärtribunalen" rief in einem Video zu seiner Freilassung auf. Der Cartoonist Latuff zeichnete ihn, die ägyptische Presse berichtet über den Fall. Am Dienstag begannen zudem christliche Gruppen in Kairo für Sanad zu demonstrieren. Der erklärte Atheist Sanad stammt aus einer koptischen Familie.
Am Dienstag wurde Sanads Antrag auf Berufung akzeptiert. Am 1. November soll darüber verhandelt werden. Die Internetzeitung 25. Januar berichtet unter Berufung auf Militärquellen, auch der Vorsitzende des Obersten Militärrates, General Tantawi, beschäftige sich nun mit dem Fall. Bei Sanads Unterstützern sorgt das nicht für Erleichterung. "Wir machen uns weiter große Sorgen", sagt Saher Maher vom Unterstützungskomitee. "Sein Zustand ist sehr schlecht, er kann nicht laufen und sich auf nichts konzentrieren."
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