: Hungerstreik: Kinkel am Ende
Gespräche des Staatssekretärs ohne Ergebnis abgebrochen / CDU/CSU-Länder bleiben hart ■ Von Wolfgang Gast
Berlin (taz) - Die Verhandlungen zwischen den hungerstreikenden Gefangenen der Roten Armee Fraktion und dem Bonner Staatssekretär im Justizministerium Klaus Kinkel sind gescheitert. Die CDU-regierten Bundesländer Baden -Württemberg und Bayern verweigern nach wie vor jedes Zugeständnis an die Hungerstreikenden. Nach mehreren Treffen zwischen den Gefangenen und Kinkel wurden die Verhandlungen am Dienstag ergebnislos abgebrochen. Rolf Heissler und Gabriele Rollnik sind heute seit 72 Tagen im Hungerstreik.
Kinkel hatte in den vergangenen Tagen mit den Justizministerien der Länder einzeln verhandelt. Danach schien es möglich, daß es mit einem Einlenken der CDU -Länderminister doch noch zu einer bundeseinheitlichen Lösung und damit zu einem Abbruch des seit dem 1. Februar währenden Hungerstreiks kommen könnte. Die unionsregierten Länder hätten lediglich einer Verlegung „ihrer“ Gefangenen in andere Länder zustimmen müssen. Mehrere CDU-Minister sollen ihre Bereitschaft dazu signalisiert haben. Diese Zustimmung ist dann aber offenbar immer wieder in gemeinsamen CDU-Länderkonferenzen „beerdigt“ worden.
Das Mandat für die Verhandlungen mit den Hungerstreikenden hatte Staatssekretär Kinkel nach einer gescheiterten Sonderkonferenz der Länderjustizminister zum Hungerstreik am 11. April erhalten. In den letzten Tagen gab es darüber hinaus in der Berliner SPD und der Alternativen Liste Überlegungen, mit einer neuen Initiative zur Beendiging des Hungerstreiks beizutragen. Danach hätte der Senat die Bildung einer größeren Gruppe in Berlin vorschlagen sollen. Fortsetzung auf Seite 2
Die Sozialdemokraten machten diesen Vorstoß, der schon am Montag abend veröffentlicht werden sollte,
von einem positiven Ergebnis der Kinkel-Verhandlungen abhängig.
Die starre Weigerung der CDU/ CSU-Länder dokumentierte gestern Baden-Württembergs Justizminister Heinz Eyrich erneut in einem Interview mit der 'Stuttgarter Zeitung‘. Nach seinen Worten hat Kinkel „alles unternommen“, um den Gefangenen die Zusammenlegung in Kleingruppen zu ermöglichen: „Er hat aber von Anfang an über das politisch Mögliche hinaus eine Lösung angestrebt, die von keiner Seite mehr angenommen werden konnte.“ Eyrich erklärte weiter, die Stuttgarter Landesregierung werde bei ihrer ursprünglichen Haltung bleiben und einer Gruppenbildung auch weiterhin nicht zustimmen.
Die Alternative Liste in Berlin sieht nun „die politische Verantwortung
für Tote in den Gefängnissen“ bei der CDU und den von ihr geführten Landesregierungen. Die AL forderte gestern in einer ersten Stellungnahme die SPD-regierten Länder auf, „noch heute alles zu tun, um wenigstens in diesen Ländern noch eine für die Gefangenen akzeptable Lösung zu finden“. Helfen könne das „sofortige Angebot großer Gruppen mit mindestens acht Personen und die verbindliche Erklärung gegenüber den anderen Bundesländern, jederzeit Gefangene aus der RAF in große Gruppen aufzunehmen“.
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