Hunderte Exportlizenzen entzogen: China behält Gift-Spielzeug
Nach Beschwerden über Qualitäts-Mängel entzieht China gut 760 Spielwaren-Fabriken die Exporterlaubnis. Ob Peking so den Ruf von "Made in China" verbessert?
PEKING taz Es handelte sich offenbar um mehr als eine kommunistische Propagandaaktion, die Spielzeugkäufer im Ausland beruhigen sollte. Womöglich haben die chinesischen Behörden begriffen, dass sie ihr Label "Made in China" besser schützen müssen. Das zumindest lassen die Ergebnisse einer Spielzeugfabrikenrazzia in der chinesischen Boomprovinz Guangdong vermuten. Sie bestätigen auf eindrucksvolle Art die Ängste westlicher Verbraucher vor unsicherem Spielzeug aus China.
Insgesamt wurden jetzt 1.726 Spielzeugfabriken überprüft. Das sind 85 Prozent aller mit einer Exportlizenz ausgestatteten Spielzeugfabriken in Guangdong. Daraufhin entzogen die Behörden nun 764 Spielzeugfabriken wegen Qualitätsmängeln die Exportlizenz. 690 weitere Fabriken müssen ihre Produktionsanlagen erneuern und ihre Produktqualität verbessern. Offenbar lag der Anteil der Fabriken, in denen es Mängel gibt, erschreckend hoch.
Die zuständige Qualitätskontrollbehörde ließ sich die Razzia 1,9 Millionen Dollar kosten und schickte 200.000 Kontrolleure aus, die neben Spielzeug- auch Lebensmittel- und andere Fabriken ausspionierten. Anlass war westliche Kritik an Sicherheitsmängeln chinesischer Produkte, insbesondere von Spielzeug.
Bereits Ende August hatte die Pekinger Regierung eine viermonatige "Kampagne zur Überprüfung der Produktqualität und der Nahrungsmittelsicherheit" initiiert. "Dies ist ein besonderer Kampf, um den Ruf der chinesischen Waren und den nationalen Ruf zu schützen", sagte Vizepremierminister Wu Yi beim Start der Kampagne. Sie machte damals vor allem nachlässige Kontrollen der Behörden für die Qualitätsmängel bei vielen Produkten verantwortlich. Die Razzia in Guangdong sollte offenbar beweisen, dass mit dieser Nachlässigkeit Schluss ist. Bis Ende des Jahres sollen in acht weiteren Produktbereichen, unter anderem bei für den Export bestimmten Pharmazeutika und Lebensmitteln, die Kontrollen verschärft werden. Fehlverhalten von Firmen soll zudem in den Medien veröffentlicht werden.
Das ist durchaus auch im eigenen Interesse. Aufgrund von vermehrten Skandalen ist die heimische Industrie längst auch bei der eigenen Bevölkerung in Verruf geraten. Laut einer Umfrage fühlen sich rund 60 Prozent der Chinesen beim Essen nicht mehr sicher. Peking kündigte zuletzt eine Überprüfung aller gesetzlichen Vorschriften an, die mit Produktsicherheit zusammenhängen. Derzeit bereitet die Regierung ein neues Gesetz über Nahrungsmittelsicherheit vor.
Schneller als die Gesetzgeber aber sind die Betrüger, die vom neuen Kontrollfieber profitieren. Sie geben sich im Namen von Behörden und Fachmagazinen als Produktprüfer aus. Dann verlangen sie Geld, um Firmen einen Freibrief für ihre Produkte zu erstellen. Dabei sind sie so zahlreich, dass Peking bereits öffentlich vor ihnen warnt.
Zugleich will die Regierung die Verantwortung für bisherige Skandale teilen. Das bekam vor einigen Wochen der US-Spielzeughersteller Mattel zu spüren, der sich für seine Rückrufaktionen von chinesischem Spielzeug in Peking öffentlich entschuldigen musste. Schuld seien Baufehler von Mattel gewesen, sagte ein Mattel-Manager. Die Firma hatte 21 Millionen in China hergestellte Spielzeuge zurückgerufen.
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