: Hummel Hummel – Hip Hop
■ Heute im Schlachthof: „Fettes Brot“ rappen auf Plattdeutsch
Der Heimat scheint ein jeder Hip Hopper zugetan. Ob nun South Central oder Kassel-Immenhausen – alle halten ihr lokalpatriotisches Fähnchen hoch. „Fettes Brot“ aus Pinneberg aber stehen mit ihrer konsequenten Art exemplarisch für das neue Selbstbewußtsein deutscher HipHop-Bands –, genauer gesagt: plattdeutscher. Heute abend tritt die Combo im Schlachthof auf.
In der Regel fehlte bislang der Mut, Lokalpatriotismus und kulturelle Wurzeln auch sprachlich auszudrücken. Anglo-amerikanische Platitüden füllten hierzulande die Kassen, während das eckige Deutsch für Sprechgesang ungeeignet schien. So galten König Boris, Doktor Renz und der Schiffmeister als Kuriositäten der Szene.
Musikalisch waren die Pinneberger Jungs allerdings weiter als der Rest, tricksten mit Rhythmen, statt stumpf auf der Zwei und der Vier zu wippen. Wahnwitzige Samples und immer vertracktere, jazzige Hamonien ergaben einen eigenwilligen Sound-Teppich.
Vor allem aber erwies sich als Glücksfall, daß keiner der drei des Hochdeutschen mächtig ist. Die breiten hanseatischen Vokale und die verschluckten Wortenden paßten ebenso gut in den FIow eines Reimes wie die handelsüblichen Slangworte „Brother“, „Yo“ & Co. Zusammen mit Bands wie „Fischmob“ setzte man durch, daß es auch mal „Hummel Hummel, Rumms Rumms“ und nicht immer „Mothafucka“ heißen darf.
Manchmal ist die Welt sogar fair und belohnt solche Wagnisse. Eine Party-Nummer von „Fettes Brot“ wurde zum Dauerbrenner: „Nordisch by Nature“, eine Hymne auf norddeutsche Lebensart, Klaren saufen und Tankstellen abklappern.
Im Versuch, die Geister, die sie riefen, wieder zu zähmen, nahmen die Brote nach 150.000 verkauften Einheiten die Nummer Sylvester vom Markt – just, als man auf Platz 17 der Charts gelandet war. Statt Starruhm anzupeilen, blieben die Brote lieber bei ihren Eltem wohnen. Nun basteln sie weiter an ulkigem Swing- und Polter-Hop von dauerhaftem Wert. Live bleibt der DAT-Rekorder der einzige Begleiter – das hat man aus den Konzerterfahrungen der vielen, grauenhaften Crossoverbands gelernt. L.R.
Heute um 20 Uhr im Schlachthof
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