Humboldt-Forum: Flierl blickt hinter die Fassade
Ein Gegner und ein Befürworter des Stadtschlosses geben gemeinsam ein Buch über das Projekt heraus.
Thomas Flierl wurde des biblischen Vergleichs nicht müde. Nein, er sei nicht vom Saulus zum Paulus geworden, wiederholte der frühere Kultursenator der Linkspartei am Montag sein bereits am Wochenende geäußertes Zitat. Und ja doch, er sei stets Gegner eines Schlosses anstelle des Palastes der Republik gewesen - aber jetzt wolle er gern die Bundestagsentscheidung zugunsten des Humboldt-Forums respektieren. Sprachs, und präsentierte zur Untermauerung seiner Worte ein Buch über den noch zu bauenden Historienpalast, das er gemeinsam mit Hermann Parzinger herausbringt: "Humboldt Forum Berlin - das Projekt - the project". Parzinger ist Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und einer der Befürworter des Schlossneubaus gewesen.
Insofern ist es durchaus denkwürdig, wenn sich der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Linksfraktion, ein Ostberliner, und der in München geborene Stiftungspräsident zu einem gemeinsamen Projekt verabreden. Auch Hermann Parzinger scheute bei der Vorstellung nicht die ganz großen Worte: Die unterschiedlichen Biografien beider Herausgeber könnten dazu beitragen, "Deutschland mit sich selbst zu versöhnen". Immerhin feiert das Land ja 20 Jahre Mauerfall.
"Meine Abneigung gegen die Schlossfassaden geht nicht so weit, dass ich das Humboldt-Forum scheitern sehen möchte", beteuerte Flierl. Hinter den ungeliebten Außenwänden will er eine "neuartige Institution des Wissens und der Kultur" entstehen sehen, mit der Agora als zentralem Platz. Letztere dürfe bei weitem nicht nur Dienstleistungsfunktionen übernehmen, sondern müsse das Herz des Forums werden - ein Ort für generationsübergreifende Diskussionen, Veranstaltungen, ein Impulsgeber für Ausstellungen. "Es muss ein Marktplatz der Ideen sein", sagte Flierl.
Zur konkreten Ausgestaltung wollen die Herausgeber Partner einbinden wie das Haus der Kulturen der Welt. "Wir sind offen für konstruktive Kritik", sagte Parzinger. Als Dialog verstehen die Männer auch ihr Buch; es besteht aus kritischen und zustimmenden Beiträgen zur Geschichte des Projekts und lässt Politiker, Planer und Kulturschaffende Erwartungen an das inhaltliche Konzept formulieren.
In der wohligen "Wir sind jetzt alle einer Meinung"-Atmosphäre verkündete Parzinger noch, dass er trotz laut gewordener Zweifel am Schlossarchitekten festhalte. "Die Zusammenarbeit funktioniert, Franco Stella versteht die Bedürfnisse der künftigen Nutzer des Gebäudes sehr gut", sagte er. Medien hatten zuvor berichtet, Stella habe möglicherweise nicht die Bedingungen für seine Teilnahme am Architekturwettbewerb erfüllt.
Flierl unterstützte die Position seines Herausgeberkollegen und sagte vor laufender Kamera, dass auch er gegen eine neue Diskussion um die Fassaden sei und sich nun wirklich stattdessen den Inhalten widmen wolle. Er halte nichts von einer nochmaligen Ausschreibung zur Gestalt des Schlosses. Flierl ist übrigens bekennender Agnostiker - ob es Saulus oder Paulus überhaupt gab, vermag er nicht zu wissen.
KRISTINA PEZZEI
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