Humanitäre Krise in Tschad: Flüchtlinge aus Sudan verhungert
Über 350.000 Menschen sind aus Darfur in Sudan nach Tschad geflohen. Dort meldet die Regierung jetzt Hungertote.
Tschad ist seit Beginn des Krieges zwischen Armee und RSF-Miliz in Sudan am 15. April das am schwersten von der Sudan-Flüchtlingskrise betroffene Nachbarland. Insgesamt sind inzwischen nach der laufenden Zählung der UN-Migrationsorganisation IOM über 4 Millionen Menschen auf der Flucht, davon 3,3 Millionen innerhalb Sudans. Von diesen kommen 71 Prozent aus der besonders schwer umkämpften Hauptstadt Khartum.
Rund die Hälfte der Flüchtlinge, die Sudans Grenzen überqueren, landet in Tschad. Bis 7. August wurden in Tschad 358.817 sudanesische Flüchtlinge und 48.180 tschadische Rückkehrer registriert. Sie sind zumeist aus der sudanesischen Nachbarregion Darfur gekommen, wo die Gewalt der vergangenen Monate Tausende Tote gefordert haben soll.
Im Osten Tschads gestaltet sich die Versorgung der Neuankömmlinge schwierig. Von den registrierten Menschen haben 2.587 Verletzungen am Körper – allein diese Woche kamen 120 neue hinzu. Für Tschads Gesundheitswesen ist all dies eine enorme zusätzliche Belastung, zumal im Osten Tschads eine Masernepidemie wütet.
Das Gesundheitsministerium startete im Juli eine neue Impfkampagne gegen Masern in der tschadischen Provinz Ouaddai. 552.137 Kinder im Alter von 6 Monaten bis 14 Jahre – 92,5 Prozent der Zielgruppe – konnten erreicht werden. Die Impfkampagne ist jetzt abgeschlossen. Doch am 5. August wurden in der Provinz erste Signale der Ausbreitung einer hochansteckenden Fieberkrankheit gemeldet.
Ausweitung der Hungerkrise droht
Bis September drohen in Sudan weitere 1,5 Millionen Kinder in eine Hungerkrise zu geraten, warnt die Kinderrechtsorganisation Save the Children. Im Juni litten bereits knapp 8 Millionen Kinder in Sudan unter akutem Hunger. Zwischen Juli und September wird diese Zahl voraussichtlich auf 9,5 Millionen ansteigen, schätzt die Organisation – das sind durchschnittlich 17.000 Kinder zusätzlich pro Tag.
Insgesamt habe sich die Zahl der hungernden Menschen in Sudan im vergangenen Jahr verdoppelt: Mehr als 42 Prozent der 46 Millionen Einwohner*innen seien von krisenhafter Ernährungsunsicherheit betroffen.
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