: House aus den Townships
Für den Rest der Welt beginnt die Geschichte des südafrikanischen House 2008 mit DJ Mujava. Damals veröffentlicht das Londoner Label Warp seine Maxisingle „Township Funk“. Der Titeltrack ist eine geniale Komposition aus einem trockenen, die Snare betonenden House-Beat und einer jaulenden Synthie-Melodie. Damit zieht das moderne Südafrika in den Dancefloors der westlichen Welt ein.
Ab dann verläuft die Geschichte in zwei Richtungen: in die Zukunft, das heißt zur Verknüpfung mit der globalen Entwicklung der elektronischen Tanzmusik; in die Vergangenheit, das heißt zum regionalen Ursprung der südafrikanischen Spielarten der House-Musik.
Als „Township Funk“ international durchstartet, ist der Track bereits zwei Jahre alt. Sein Titel ist wie gemacht für die internationale Vermarktung: Townships sind die Brutstätte der neuen urbanen südafrikanischen Musik. Mujava wuchs in Atteridgeville bei Pretoria, einer Vorstadt im Norden Südafrikas, auf – gerade 70 Kilometer von Johannesburg entfernt.
Anders als in Johannesburg sind für den Pretoria-Sound ausgefeilte langsame Drumsounds wie eben in „Township Funk“ typisch, auf die in afrikanischen Sprachen wie Zulu, Xhosa, Shangan oder Pidgin-Englisch gerappt wird. Bekannt wurde dieser Stil unter dem Namen „Kwaito“.
DJs wie der US-Amerikaner Diplo mischen Elektro-Beats mit Elementen aus dem angolanischen Kuduro. Das ist die Zukunft, die sich auch von Tracks wie „Township Funk“ fortschreibt. Auf diese Weise werden wiederum Tracks, wie die auf dem auf Afrika spezialisierten Münchner Label Outhere erschienene Compilation „Ayobaness“ für Clubgänger der westlichen Welt interessant.
Zu entdecken gibt es hier skurrile Gestalten wie den Pastor Mbhobho. Der selbsternannte „Präsident der südafrikanischen Jugendkultur“ trägt Afro-Perücke, viel Bling-bling und ein Priestergewand. Er steuert zur „Ayobaness“-Compilation den Titeltrack bei, in dem er seinen predigthaftem Sprechgesang im Refrain zu einem gospelartigen Frage-Antwort-Spiel steigert.
DJ Mujava darf auf der Compilation auch nicht fehlen. Sein Track „Mugwanti/Sgwejegweje“ lebt von einem ausgefeilten Trommelbeat und einem fetten Bass. Der Titel der Compilation leitet sich von dem Slangwort „ayoba“ ab. Es ist die südafrikanische Bezeichnung für cool. Spoek Mathambo, der gemeinsam mit seiner Frau, der Künstlerin Gnucci Banana, auftritt, rappt auf „Ayobaness“. In seinem Blog „Zombo“ bezeichnet er sich als „post-apartheid post-hiphop posterboy“. Mathambo arbeitet mit den Münchnern Schlachthofbronx zusammen. Im Video zu „Ayoba“ wird das symbolisch umgesetzt: Spoek Mathambo und Gnucci Banana treten mit Pappmasken auf, die die Gesichter der beiden Produzenten hinter Schlachthofbronx zeigen. Die bärtigen Pappköpfe der Münchner fügen sich nicht gerade übergangslos an die Körper der Südafrikaner. Ganz anders sieht das bei ihrer Musik aus. ELIAS KREUZMAIR
■ Various Artists: „Ayobaness – The Sound of South African House“ (Outhere)