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HotelsÜber den Dächern von Barcelona

Die gestylten Unterkünfte der katalanischen Hauptstadt sind in Krisenzeiten sogar erschwinglich

Barcelona von oben Bild: Lavinia Marin/sxc

Es gibt viele Segel im Hafen von Barcelona, aber nur eins, das aus Glas und 99 Meter hoch ist: Das neue W Hotel am Strand der Barceloneta. Vom katalanischen Altmeister Ricard Bofill entworfen, hat es die Form eines Segels und erinnert damit verdächtig an das Burj Al Arab in Dubai. Keine Frage: WürdeWoody Allen eine Fortsetzung von "Vicky Cristina Barcelona" planen - das W Hotel wäre der richtige Drehort, um eine halbwegs gute Story mit hübschen Bildern aufzupeppen. Es lockt mit einem avantgardistischen Spa, einer "Wet Terrasse" samt "Infinity-Edge Pool", einem exklusiven "W Living Room" und einer Club-Bar auf der Dachterrasse, wo diverse House DJs auflegen. Dazu bietet das Haus einen Whatever/Whenever-Service, um den Gästen jeden Wunsch zu erfüllen - "natürlich alles in den Grenzen der Legalität", wie Direktor Richard Brekelmans betont.

Aber es gibt noch andere filmreife Locations unter den Beherbergungsbetrieben. Zum Beispiel das ME Barcelona, das im vergangenen Jahr im ehemaligen Industrieviertel Poble Nou an den Start ging. Vom französischen Stararchitekten Dominique Perrault in Form von zwei versetzt aneinanderhängenden Glasriegeln designt, ist es mit 115 Metern sogar noch höher als das W. Unten empfängt den Gast eine Lobby-Lounge mit weißen Sitzlandschaften, die durch regenbogenfarbige Trennwände von der Sky Food Bar separiert werden. In der sechsten Etage wartet ein Sonneneck mit Pool und Chillout-Bar, in der 24. Etage versuchen die Brüder Javier und Sergio Torres im Restaurant "Dos Cielos" - zu Deutsch zwei Himmel - anspruchsvolle Genießer in den kulinarischen Himmel von Barcelona zu versetzen.

Fast genauso hoch hinaus geht es im benachbarten Barcelona Princess, das sich seit 2004 mit 109 Metern, 364 Zimmern und Vier-Sterne-Komfort am neuen Forum-Gelände von Diagonal Mar erhebt. Wer es nicht bis zum Strand schafft, kann sich oben auf der Dachterrasse ein paar Bahnen ziehen und dabei die salzige Brise des Mittelmeers um die Nase wehen lassen. Ähnlich wie im Hilton Diagonal Mar, das ein Stück weiter Terrasse und Pool mit Meerblick zu bieten hat. Und wenn die Businessgäste - wie jetzt in Krisenzeiten - ausbleiben, kommen sogar Low-Budget-Gäste in diesen Genuss. Denn um sich gegenüber den Häusern im Zentrum zu behaupten, müssen die Nobelherbergen von Diagonal Mar ihre Preise herunterschrauben.

Im Zentrum von Barcelona haben sich Architekten und andere Kreative ausgetobt, um mit minimalistischen Intérieurs zu beeindrucken, die eigentlich eher bewohnbare Installationen sind. Mittlerweile ist der überall anzutreffende coole Look zur Normalität geworden. Da braucht es schon andere Extras. Und was andernorts die ultimativen Spas sind, sind hier die Open-Air-Wellnessbereiche auf den Dachterrassen. Ob das Soho, das Barcelona Universal, das B Hotel an der Plaça Espanya oder die Casa Camper im Raval-Viertel, die so schnörkellos designt ist wie die Schuhe derselben Marke - alle laden zum Sonnenbaden oder Schwimmen im Freien ein. Manchmal werden dazu - wie im eleganten Pulitzer an der Plaça Catalunya - Cocktailabende mit angesagten DJs veranstaltet oder Swing-Konzerte wie im Gran Hotel Havana, das in einem stilvollen Gebäude von 1872 Tradition und Avantgarde verknüpft.

Wenn es schlicht und zentral sein soll, empfiehlt sich zum Beispiel das Jazz Hotel. Zwar wird hier weder Musik von Miles Davis gespielt, noch hängen Fotos von Duke Ellington an den Wänden. Dafür kann man sich hier mitten in der City entspannt im Deck Chair zurücklehnen, schwimmen und auf die Plaça Catalunya hinunterschauen. Auch von der Dachterrasse des Axel Hotels hat man einen schönen Blick auf das Eixample-Viertel. Das Vorgängermodell des gleichnamigen Berliners Hauses gibt sich "hetero friendly", doch bleiben die männlichen Gäste am Pool weitgehend unter sich.

Auf der Rambla de Catalunya Bild: Lavinia Marin/sxc

Dagegen spielt das Sehen und Gesehen werden im Gran Hotel Central eine ganz entscheidende Rolle. Zumindest dann, wenn an Barcelonas spektakulärstem Panorama-Schwimmbad eine Party veranstaltet wird. Nichts ahnend betritt man das klassische Gebäude von 1926, fährt durch das abgedunkelte Innere in die oberste Etage und dann - wow! - gleitet die Sicht vom Wasser des randlosen Pools direkt zur Kathedrale, den Zwillingstürmen am Strand und dem riesigen Häusermeer der Metropole hinüber.

BARCELONA-TIPPS

Die Zimmerpreise der Stadthotels von Barcelona bewegen sich zurzeit im freien Fall und sind bei der individuellen Buchung verhandelbar. Die Hotels sind im Internet leicht abrufbar. Weitere Informationen zu Übernachtungen und Reisetipps unter www.barcelonaturisme.com

Neben den Stadthotels gibt es noch eine Reihe anderer Optionen, die unter Umständen besser geeignet und darüber hinaus auch noch günstiger sind: zum Beispiel ein Appartement. Hierfür gibt es spezielle Vermittlungsagenturen und Portale im Internet. Meistens handelt es sich dabei um Angebote für 2 bis 4 Personen, die pro Tag günstigenfalls zwischen 25 und 40 Euro pro Person kosten. Wer das Thema selbst in die Hand nimmt, kommt häufig mit einem Schnäppchen davon.

Auch wer über den Prachtboulevard Passeig de Gràcia flaniert, sieht plötzlich Wellen. Wellen ohne Wasser - so ungefähr muss man sich die Fassade aus horizontal geschwungenen Metallbänden vorstellen, mit der der japanische Architekt Toyo Ito das brandneue Suites Avenue verkleidet hat. Innen warten auf die Gäste zeitlos luxuriöse Apartments und indische Gottheiten. Kunst ist das Markenzeichen der Derby Hotels, zu denen auch das Suites Avenue gehört. Denn Jordi Clos, ihr Besitzer, ist nicht nur leidenschaftlicher Sammler, sondern auch Archäologe und hat so manches Stück von eigenen Ausgrabungen mitgebracht. So hat er im Claris ein ägyptisches Museum untergebracht, im Granados 83 eine kleine Sammlung buddhistischer und Hindu-Kunst, im Balmes afrikanische Skulpturen und Masken, während im Derby und im Gran Derby Gemälde von Picasso, Tàpies, Dalí und Miró hängen.

Hoch über der Stadt gibt es noch ein Haus, das in ganz anderer Hinsicht innovativ ist: das Hostel Inout. Nur zehn U-Bahn-Minuten vom Zentrum entfernt, liegt es im Parc de Collserola. Schon für 17,10 Euro können Erwachsene - Jugendliche unter 25 zahlen 13,90 Euro - hier in freundlichen Vier- oder Zehnbettzimmern übernachten und frühstücken. Besonders ist nicht nur, dass man kostenlos im Internet surfen, Volleyball oder Pingpong spielen, in der Bibliothek lesen oder Filme ansehen kann. Das Erstaunlichste ist das Personal: Dass über achtzig Prozent der Mitarbeiter behindert sind und hier im Rahmen eines Pilotprojekts arbeiten, fällt erst auf den zweiten Blick auf. Weil es hier entspannter zugeht als in den mitunter angestrengt wirkenden Designtempeln. Und eine Terrasse gibt es natürlich auch!

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3 Kommentare

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  • J
    Jan

    Bau- und Tourismus sind die einzigen erwähnenswerten Industrien in Barcelona und Spanien.

     

    Die Stadt Barcelona versucht alles um mehr Luxustouristen anzulocken (Woody Allens Barcelona-Machwerk wurde angeblich mit 1.000.000 Euro gesponsort - recht billig, wie ich meine).

     

    Ohne Touristen gäbe es in Barcelona (gar)nichts zu verdienen, und rosig sieht es gerade eh nicht aus, siehe: http://www.quisquis.es/2009/05/31/barcelonas-hotelwesen-in-der-krise/

  • P
    peku

    Spannender Kommentar - würde ich gerne mehr darüber erfahren...

  • N
    Nickname

    Bitte! Macht keine Werbung mehr von der Stadt! Helft uns das Problem Tourismus zu beseitigen, indem ihr über die grausamen und unsozialen Folgen der Politik informiert, die die Stadtverwaltung und die katalanischen Regierung führen, nur damit die grossen Bau- und Tourismus-Unternehmen sich weiter bereichern. Wisst ihr eigentlich wie viele Leute von Barcelona sich ein Zimmer bei diesen "tollen" Hotels leisten könnten? Oder wie viele Leute von der Stadt von diesen "tollen" Hotels profitieren werden? Wie viele öffentlichen Geldern darein gesteckt wurden?

     

    Grüsse aus Barcelona.

     

    Leseempfehlung: "Barcelona: la ciudad mentirosa" ("Barcelona, die betrügerische Stadt"), von Manuel Delgado, Anthropologe an der "Universidad de Barcelona".