Horrorjahr 2009 für Autoindustrie: Opelaner müssen Opfer bringen
Die IG Metall will betriebsbedingte Kündigungen bei dem angeschlagenen Autobauer verhindern. Dafür müssten die Beschäftigten neue Gehaltseinbußen in Kauf nehmen.
BOCHUM taz Die Beschäftigten des Autobauers Opel müssen sich auf neue Gehaltskürzungen gefasst machen. Angesichts der drohenden Pleite des US-Mutterkonzerns General Motors (GM) und des weltweiten Einbruchs des Automarkts seien Opfer der Belegschaft nicht zu vermeiden, glauben Betriebsräte und Gewerkschafter. "Betriebsbedingte Kündigungen wollen wir verhindern. Denkbar ist eine Arbeitszeitreduzierung. Doch auch die kann die Beschäftigten Geld kosten", so der Frankfurter Bezirksleiter der IG Metall, Armin Schild, der auch im Opel-Aufsichtsrat sitzt.
Der Betriebsratsvorsitzende des Eisenacher Opel-Werks, Harald Lieske, warnt bereits vor einem "Unterbietungswettbewerb" zwischen den einzelnen Standorten. Zur Kostenreduzierung sei bei Opel ein ganzer Maßnahmenkatalog im Gespräch. Über eine Arbeitszeitreduzierung seien auch Nullrunden und eine Kürzung des Weihnachtsgelds denkbar. "Unkoordinierte Rettungsversuche" für einzelne Werke machten "keinen Sinn", sagt auch Gewerkschafter Schild. GM sei ein globales Unternehmen mit "globalen Problemen".
Für 2009 erwarten die deutschen Autobauer auf ihrem Heimatmarkt den schwächsten Absatz seit der Wiedervereinigung. Die Industrie rechnet nur noch mit 2,9 Millionen Neuzulassungen - ein Minus von 200.000 Stück gegenüber 2008. "Die Automobilmärkte haben eine Talfahrt genommen, die in dieser Geschwindigkeit und Ausprägung noch nie vorher stattgefunden hat", so der Präsident des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. Bereits im November war der Autoverkauf um insgesamt um rund 18 Prozent eingebrochen: BMW verkaufte rund 20 Prozent, Mercedes 11, VW über 18, Opel sogar 36 Prozent weniger Wagen. Selbst der japanische Branchenprimus Toyota musste in Deutschland ein Minus von 39 Prozent verkraften. GM und Ford wollen deshalb ihre schwedischen Töchter Saab und Volvo verkaufen oder schließen. "Saab ist tot", sagen Insider bereits. Auch die nordamerikanische GM-Marke Saturn, unter der in den Staaten auch Opel-Fahrzeuge angeboten werden, ist gefährdet.
Damit aber stünde der deutsche Autobauer vor neuen Problemen: "Ein Verkauf der Marken Saturn und Saab wird auch in deutschen Opel-Standorten für zusätzliche Auslastungsprobleme sorgen", räumt Opel-Aufsichtsrat Schild ein. Der deutsche Opel-Chef Hans Demant erneuerte seine Forderung nach einer Verschrottungsprämie für Altautos - und hofft weiter auf Bürgschaften von Bund und Ländern in Höhe von 1,8 Milliarden Euro.
Auf die setzt auch die IG Metall: "Sollte die Bundesregierung Bürgschaften für Opel ablehnen", sagt Gewerkschafter Schild, "können wir nur beten, dass GM nicht in die Insolvenz geht."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr