: Honni soit...
■ Schelm Gremliza klagt gegen "analyse und kritik" (ak)
Eigene Erfahrungen weiterzugeben gehört zum guten Ton in der Linken. Hermann L. Gremliza, Herausgeber der Konkret und in nicht abschließend geklärter Stellung bei der Jungen Welt tätig, setzte diesen Grundsatz mit Erfahrungen der besonderen Art um.
Am Freitag stand er als Kläger vor der 24. Zivilkammer des Hamburger Landgerichts, zuständig für Presserecht. Beklagter war der Verlag, in dem die Zeitschrift ak (analyse und kritik) erscheint. Klagegrund: Eine Unterlassungserklärung war nicht eingehalten worden. Im April 94 schrieb ak-Redakteur Heinrich Eckhoff, Gremliza werde „Herausgeber“ und „Verleger“ der Jungen Welt, gäbe seine Tätigkeit bei Konkret auf und engagiere sich nunmehr im Elefanten Press Verlag. „Juristisch sind die Behauptungen nicht haltbar“, räumt Eckhoff ein.
Wie man sich gegen solche Meldungen zur Wehr setzt, weiß Gremliza spätestens, seitdem in Konkret eine Satire über die Literaturprofessorin Gertrud Höhler erschienen war. Der Artikel traf den professoralen Humor so wenig, daß Höhler von Konkret Unterlassen forderte. Die entsprechende Erklärung in der Tasche, gerieten ihr, Zufall oder nicht, einige Exemplare in die Hände, in denen die inkriminierten Behauptungen nicht geschwärzt waren. 50.000 Mark wurden ihr für diesen Verstoß gerichtlich zugesprochen. Belastet mit der Forderung gegen Konkret, aber bereichert um das praktische Know-how des Presserechts, schritt Gremliza nun gegen die ak zur Tat. Er forderte, nicht weiter zu verbreiten, er sei „Verleger“ etc. pp., wies den Verstoß gegen die entsprechende Erklärung nach und verlangte 6.000 Mark Vertragsstrafe. Zudem sollte die ak-Redaktion einen Widerruf drucken, dessen Wortlaut zur höchst diffizilen Sache wurde. Die ak-Redaktion bestand darauf, in dem Widerruf Gremlizas Tätigkeit bei der Jungen Welt zu benennen, sei es als „Beauftragter des Verlages“ oder als „Berater“, sowie dessen Stellung im Verlag der Konkret genauer zu beschreiben. Beides lehnte Gremliza ab. Sein Anwalt Helmut Jipp befürchtet, daß der Kern des Widerrufs durch die Zusätze nicht mehr erkennbar sei: „Der Leser versteht so nicht mehr, worauf es Herrn Gremliza ankommt.“ Worauf es ankommt, verstand anscheinend auch der Vorsitzende Richter der Pressekammer nicht richtig: Die Darlegungen beider Parteien über den langgehegten politischen Zwist von Konkret und ak mochte er sich nicht anhören. An dieser Geschichte interessiere ihn lediglich, ob die zitierten Texte mit „Herzlich Dein“ unterzeichnet wurden, witzelte er.
Weniger Grund zum Lachen hat dagegen Kläger Gremliza. Sofern er nicht nachweisen kann, daß die Widerrufsformulierung der ak erneut falsche Tatsachen enthält, muß er mit ihr leben. Und auch die Vertragsstrafe fand Richter Ficus zu hoch. Ob sein Vergleichsvorschlag akzeptiert wird, ist noch offen. Sicher ist, daß Gremliza in Sachen Presserecht noch mehr gelernt hat. Gesa Schulz
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