: Honecker aus der Klinik in den Knast: Staatsanwaltschaft besteht auf Haft für den krebskranken 77jährigen, obwohl ihn sein Arzt für haftunfähig erklärt hatte/Anwalt Vogel beantragte Haftverschonung
Berlin (ap/dpa/taz) - Gestern um 7 Uhr morgens, unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Charite, ließ die Staatsanwaltschaft Erich Honecker zur Untersuchungshaft in das Gefängnis Berlin-Rummelsburg überführen. Bittere Klage erhob deswegen der behandelnde Arzt Honeckers, der Direktor der Poliklink für Urologie, Peter Althaus: „Es ist nicht zu verantworten, den Patienten zu inhaftieren“, betonte er und fügte hinzu: „Ein Haftbefehl wurde uns nicht gezeigt.“ Er habe der Staatsanwaltschaft gegenüber protestiert. Honeckers Anwalt Vogel hat Haftverschonung beantragt, über die bei Redaktionsschluß noch nicht entschieden war. Gegen Honecker wird wegen Hochverrrats, Korruption und Amtsmißbrauch ermittelt.
Honecker lag 22 Tage in der Charite. Ihm wurde ein Krebsgeschwulst von der Niere entfernt. Die Ärzte befürchten jetzt Nierenversagen. Honecker leide unter allgemeinen Durchblutungsstörungen. Er sei „sehr bedrückt“, und „sein geistiger Zustand ist durch die gesundheitliche Belastung stark eingeschränkt“, sagte Althaus.
Gegen Honecker und weitere ehemalige Spitzenpolitiker soll im März Anklage erhoben worden, teilte Generalsstaatsanwalt Joseph gestern der Volkskammer mit. Sein Rechenschaftsbericht sparte auch nicht mit Kritik an den Justizbehörden wegen der Art ihrer vordergründigen Ermittlungen „von unten nach oben“.
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