Homosexueller Bundesligaprofi spricht: Schwulenfeindliche Pornodeppen?
Ein Bundesligaprofi sagt: Ich bin schwul. Er bleibt anonym. Warum tut kaum einer aus dem Profifußball etwas, um ihm seine Angst zu nehmen?
BERLIN taz | Ein schwuler Bundesligaprofi hat gesprochen – anonym. Auf der Website fluter, dem Internetauftritt eines Jugendmagazins der Bundeszentrale für politische Bildung, spricht er über seinen klandestinen Alltag in der Liga. Erstaunliches sagt der junge Mann da – zum Beispiel, dass in der Mannschaft, „eigentlich jeder Bescheid wissen müsste“. Oder: „Ich kenne keinen Spieler in der ganzen Liga, der damit ein Problem hat.“
Hört, hört! Die Welt des Profifußballs kommt ganz aufgeklärt daher in den Schilderungen des Fußballers. Zwar „sind einige Situationen wie das Duschen am Anfang für beide Seiten unangenehm“, sonst scheint irgendwie alles okay zu sein. Von einem Outing ist der Fußballer dennoch weit entfernt. Er hat Angst vor den Folgen, vor den Reaktionen in den Medien und vor allem vor den Fans. „Ich wäre nicht mehr sicher“, glaubt er.
Aber warum tut kaum einer aus der Welt des Profifußballs etwas, um dem Mann seine Angst zu nehmen? Als Theo Zwanziger noch DFB-Präsident war, hat er mal gesagt, er würde alles in seiner Macht Stehende tun, um einem Fußballer nach einem Outing beizustehen. Und sonst?
Schmähgesänge gewiss
Profis und Manager raten schwulen Kollegen und Angestellten regelmäßig, bloß die Klappe zu halten. Philipp Lahm, der Kapitän der Nationalmannschaft, macht das in seinem Buch „Der feine Unterschied“, in dem ein Kapitel mit den Satz: „Ich bin nicht schwul“ beginnt. Wenn einer sich oute, sei er sicher „Schmähgesängen“ ausgeliefert, hat Lahm später noch gesagt.
Was halten die Profis und Manager eigentlich von ihrer Kundschaft? Glauben sie wirklich, dass da ausschließlich Vollidioten in den Kurven stehen, die nur darauf warten, sich mit gewetzten Messern vor einem Spieler aufzubauen, der sich geoutet hat? Meinen sie, dass sich nur schwulenfeindliche Pornodeppen in den Stadien rumtreiben, die sich für nichts anderes interessieren als für das, was ein schwuler Fußballer mit „seinem Partner unter der Bettdecke anstellt“? „Alle würden das wohl gerne rausfinden“, befürchtet der schwule Profi im fluter-Interview. Auch er hat das Bild von der miesen Kurvenbelegschaft wohl verinnerlicht.
Aber wenn die Akteure im Profifußball so schlecht von den Menschen denken, von denen sie leben, warum tun sie dann so wenig dagegen, sondern nehmen achselzuckend hin, dass die Welt des Fußballs eben anders, archaisch und, ja, schlecht ist.
Heil ist die Kurvenwelt nicht. Auch am kommenden Spieltag wird wieder jemand „schwule Sau“ schreien, wenn ihm die Fresse eines Spielers der gegnerischen Mannschaft nicht gefällt, und wenn Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia sich auf die Bank setzt, wird vielleicht wieder das bekannte, dumpfwitzige „Schwuler-Labbadia-Lied“ gesungen. Kein Stadionsprecher wird gegen derartige Sprechchöre angehen. Kein Funktionär wird sich entschuldigen. Das eigentlich Miese an der fiesen Fußballwelt ist, dass ihre Protagonisten sie akzeptieren, wie sie ist. Kein Wunder, dass sich da kein schwuler Spieler outet.
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