Homosexualität im Fußball: Verbotene Berührungen

Ein übers Internet verbreiteter Schnappschuss soll die Homosexualität von zwei Fußballstars belegen. Das wäre eine Sensation – nach der die Medien lechzen.

Der Schnappschuss: Zlatan Ibrahimovic mit seinem Kollegen Gerard Piqué. Bild: screenshot/youtube.com

BERLIN taz | Zlatan Ibrahimovic ist nicht schwul. Stockhetero ist er, der schwedische Stürmer des FC Barcelona. Sagt er. Wundern wird diese Aussage die wenigsten. Und doch ist sie eine Nachricht in diesen Tagen. Das liegt an einem Foto, einem privat aufgenommenen Schnappschuss, dass den Kicker zeigt, wie er sich an einem Auto lehnend mit einem Kollegen unterhält, mit Gerard Piqué, einem Verteidiger des FC Barcelona. Sehr nah stehen die beiden zusammen, Ibrahimovic hat Piqués Hand an seine Brust gezogen. Halten sie gar Händchen?

Das bei Facebook eingestellte Bild verbreitete sich in Windeseile innerhalb des Netzwerks. Dann tauchte es in den Internetauftritten diverser Tageszeitungen auf - in Argentinien wie in Italien. Begleitend wurde darüber spekuliert, ob Piqué und Ibrahimovic ein Paar seien. So beginnt die erstaunliche Geschichte eines wahrhaft harmlosen Schnappschusses.

Es ist nicht das erste Foto, das in Spanien die Schwulenjäger auf den Plan gerufen hat. Im Februar 2008 wurde Real Madrids Mittelfeldakteur José María Gutiérrez, besser bekannt unter seinem Kickerkürzel Guti, fotografiert. Fast alle Welt wollte erkennen können, dass Guti einem Mann einen Kuss auf den Mund drückt. War er gefunden, der erste schwule Superstar des Fußballs? Hetero sei er, dementierte Guti umgehend. Und der Mann? Das soll gar keiner gewesen sein, sondern eine Frau. Aber nicht etwa eine Freundin, sondern die Schwester von Guti, der er zur Schwangerschaft gratuliert haben will. Obs stimmt? Egal! Hauptsache, es bleibt nichts hängen. Schwul ist immer noch igitt im Profifußball.

Und dennoch lechzt die Sportgemeinde beinahe überall auf der Welt nach der Sensation, die ein schwuler Superfußballer ohne Zweifel darstellen würde. Und wenn sich schon keiner outen will, dann wird ein Schnappschuss schnell zum Indiz. Das Lechzen hat etwas Lüsternes.

Schwul, oder? Schwul! Da sind sich etliche Fußballfans sicher, wenn sie sich über die hohe Stimme des ehemaligen deutschen Nationalkeepers Timo Hildebrand lustig machen. Schwul, oder? Schwul! Das muss der doch sein, hört man nicht selten in der Kurve über Joachim Löw, den Bundestrainer, so manieriert, wie sich der bewegt. In der Fußballszene herrscht immer noch ein schauderhaftes Klima, wenn es um Homosexualität geht.

Zu einem Outing möchte man da keinem schwulen Profi raten. Fast möchte man hoffen, dass stimmt, was Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußballbundes, jüngst gesagt hat. Der kann sich gut vorstellen, dass es es kein Schwuler in den Profibereich schafft. Er ist sich seiner Verantwortung dennoch sehr wohl bewusst: "Meine Pflicht ist es, ein Bewusstsein zu schaffen, damit das Ganze nicht zu einem Spießrutenlauf wird", sagt der DFB-Boss.

Als solchen muss Zlatan Ibrahimovic schon die Reaktionen auf den Schnappschuss vom Parkplatz des Klubgeländes empfunden haben. Es blieb ihm fast gar nichts anderes übrig, als sich zum Superhetero zu stilisieren. Einer Fernsehreporterin des Privatsenders Telecinco, die ihn, umringt von Fans im Kindesalter, wieder und wieder mit der Frage genervt hat, was er denn zu dem betreffenden Foto sage, brüllte er ins Mikrofon: "Komm doch zu mir nach Hause, dann wirst du sehen, dass ich keine Schwuchtel bin". Und weil viel ja bekanntlich viel hilft, fügte er noch hinzu: "Und bring auch deine Schwester mit."

Ein Video von diesem Machoanfall Ibrahimovics steht auf YouTube. Da kann sich die homophobe Fußballgemeinde vergewissern: Schwul? Nie und nimmer, Ibrahimovic doch nicht.

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