: „Homo-Ratschlag“ für die Kommunalpolitik
■ Bezirk Charlottenburg beschloß Beratungsgremium von Verwaltung und Lesben- und Schwulengruppen /
Charlottenburg. „Ich will eine umfassende lesbisch-schwule Kommunalpolitik“, meint Micha Schulze (AL), schwuler Bezirksverordneter in Charlottenburg. „Bislang wurde das in der Gemeinde nie versucht, und wenn was gemacht wurde, waren das Einzelaktionen.“
Einen Schritt in diese Richtung hat er nun initiiert. Im September, so der Beschluß der Bezirksversammlung, wird Bezirksbürgermeisterin Monika Wissel (SPD) zum „Kommunalen lesben- und schwulenpolitischen Ratschlag“ einladen. Dort, so Micha Schulze, sollen „die Wünsche und Anregungen der Gruppen an die Bezirksverwaltung“ vorgebracht werden. In Planung befindet sich auch eine „Arbeitsgruppe Homo -Emanzipation“ - benannt nach dem seit 1984 arbeitenden Amsterdamer Vorbild: Lesben und Schwule aus der Verwaltung arbeiten mit Vertretern der Bewegungen und BVV-Mitgliedern an „Richtlinien für Homo-Kommunalpolitik“. Dabei geht es vor allem um Anti-Diskriminierungsarbeit.
Welche Bereitschaft seitens der StadträtInnen besteht, schwule und lesbische Belange wahrzunehmen, läßt sich ansatzweise aus ihren Antworten auf Micha Schulzes kleine Anfrage „über Kommunale Lesben- und Schwulenrealpolitik“ herauslesen. Axel Rabbach (CDU), Stadtrat für Jugend und Sport und durch sein Badeverbot für Aids-Kranke hinlänglich bekannt, spricht von „sogenannten homosexuellen Beziehungen, die oft ein ganz normales Durchgangsstadium“ seien und „erachtet es nicht für notwendig, dem Thema Homosexualität in unserer Beratungstätigkeit eine besondere Präferenz zu geben“. Der „Schutz der Kinder“ sollte nach Auffassung des Baustadtrates Claus Dyckhoff (SPD) „das vorrangige Ziel der Verantwortlichen sein“, wenn es um die schwulen Treffpunkte in den öffentlichen Parks geht.
Ausdrückliches Entgegenkommen hat aber Bürgermeisterin Wissel signalisiert, die bereits erste Kontakte mit Homo -Gruppen geknüpft hat und an der genannten Arbeitsgruppe „Homo-Emanzipation“ interessiert ist. Um bezirksübergreifend über eine schwul-lesbische Kommunalpolitik zu diskutieren und den „Ratschlag“ vorzubereiten, lädt Micha Schulze alle interesserten Lesben und Schwulen in politischen Initiativen, in Ämtern, BVVs und Medien am 8. Juli nach Charlottenburg ein.
Jean Jacques Soukup
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