Homo-Ehe in Baden-Württemberg: Trauung im Hinterzimmer
Ehen sind Ländersache. In Baden-Württemberg ist das Jawort für Schwule und Lesben allerdings siebenmal so teuer wie für Heteros.
![](https://taz.de/picture/302532/14/homoehe.20100729-17.jpg)
Schwule und Lesben haben längst alles erreicht, wenn es um ihre Rechte geht? "Schön wärs", antwortet der Stuttgarter Christopher Street Day (CSD), der unter diesem Motto am Samstag durch die Innenstadt zieht. "Schön wär's", sagen die Schwaben auch, wenn es um eine eingetragene Lebenspartnerschaft geht, genauer gesagt: wenn es dabei um Geld und um einen würdigen Rahmen geht.
Denn in Baden-Württemberg müssen Homosexuelle, wollen sie sich trauen lassen, bis zu 300 Euro auf den Tisch legen. Heterosexuelle zahlen hingegen einheitlich nur 40 Euro. "Wenn das Jawort bei der Homoehe bis zu sieben Mal mehr kostet als bei der Heteroehe, dann ist das eine unglaubliche Ungerechtigkeit", sagt die Landesvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg, Silke Krebs. "Die schwarz-gelbe Diskriminierungs-Koalition hängt einem altbackenen Gesellschaftsbild nach und macht Baden-Württemberg zur letzten Bastion gesellschaftspolitischer Rückständigkeit."
Möglich wurde die Sonderregelung durch die Änderung des Personenstandsrechts 2009. Das regelt im Wesentlichen, unter welchen Voraussetzungen der Personenstand geändert werden kann, wie also Ehen geschlossen und Lebenspartnerschaften begründet werden können. Die damalige Bundesregierung aus Union und SPD sah bei der Gesetzesänderung zunächst vor, dass Lebenspartnerschaften künftig überall vor dem Standesamt geschlossen werden sollen.
Ehen sind Ländersache
Motto: Zum elften Mal ziehen Schwule und Lesben durch die Stadt. Unter dem Motto "Schön wärs!" starten sie am Samstag um 16 Uhr; von 18.30 bis 19.15 Uhr gibt es eine Abschlusskundgebung auf dem Schlossplatz.
Größe: Mit 61 Formationen und etwa 3.000 aktiven TeilnehmerInnen soll die CSD-Parade die bisher größte Demo von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgendern durch Stuttgart werden. Im vergangenen Jahr gab es über 200.000 ZuschauerInnen. (nam)
Das hat jedoch der Bundesrat verhindert und stattdessen durchgeboxt, dass in das neue Personenstandsgesetz eine Länderöffnungsklausel aufgenommen wird. Damit durften die Länder weiterhin ihre eigenen Regelungen treffen.
Doch nur zwei Bundesländer haben davon Gebrauch gemacht: Thüringen und Baden-Württemberg. In Thüringen wiederum hat nun die seit 2009 regierende große Koalition festgelegt, dass in ihrem Bundesland künftig auch die Standesämter zuständig sein sollen. In Baden-Württemberg werden Schwule und Lesben dagegen in den Landratsämtern getraut. Diese stellen den frisch Vermählten wegen eines höheren Verwaltungsaufwands, so argumentieren die Ämter, deutlich höhere und auch je nach Landkreis unterschiedlich hohe Kosten für die Trauung in Rechnung.
Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) kritisiert die "homosexuellenfeindliche Landesregierung": "Die halten eisern an den Besonderheiten fest", sagt LSVD-Sprecher Manfred Bruns. Dagegen würde die Ehe stark subventioniert. Die Grünen kritisieren nicht nur die hohen Kosten, sondern auch, dass homosexuelle Paare in "schmucklose Landratsamtshinterzimmer" verbannt würden. "Mappus und Co schlagen lesbischen und schwulen Paaren im wahrsten Sinne des Wortes die Türen der Trauräume vor der Nase zu", sagt Krebs.
Das CDU-geführte Innenministerium des Landes äußerte sich zu dieser Kritik auf taz-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht. Ein Sprecher des FDP-geführten Justizministeriums sagte, man halte die jetzige Regelung für wenig sinnvoll. Es sprächen keine sachlichen Gründe dagegen, die Schließung von Lebenspartnerschaften von Standesämtern durchführen zu lassen. Federführend sei jedoch das Innenministerium.
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