: Holzhändler auf dem Holzweg
Klack, ein neues Dia aus dem Kongo. „Hier wurde vor sechs Monaten ein Bongossi gefällt. Sie sehen von der Einschlagstelle nichts mehr.“ Hinrich Stoll, Vertreter des Verbandes deutscher Holzeinfuhrhäuser, der Bremer Tropenholzeinschlagfirma Feldmayer und gleichzeitig Vertreter der Regierungen von Kamerun, Gabun und Kongo in Sachen Holz, kommmt zur Sache: „Es ist nicht wahr, daß der Wald durch Tropenholzeinschlag zerstört wird.“ Klack, neues Dia.
Für Stunden lag Samstag letzter Woche ein Hauch von Weltpolitik im Kurhotel von Plön. Sein Kreistag hatte mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen im September die Verwaltung aufgefordert, zukünftig „bei allen kreiseigenen Baumaßnahmen auf die Verwendung tropischer Hölzer zu verzichten“. Gleichzeitig beschloß man, einmalig in der Bundesrepublik, ein Forum zum Schutz des tropischen Regenwaldes durchzuführen. So suchten 170 Politiker, Holzhändler, Wissenschaftler und Umweltschützer nach der wahren Ursache des Tropenwaldsterbens.
Für die Holzimporteure sind an der Vernichtung der Tropenwälder natürlich immer die anderen schuld. Die Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen, die Brandrodungen sowie das extensive Brennholzsammeln der zunehmenden Bevölkerung seien für 85 Prozent der Zerstörungen verantwortlich. Die forstwirtschaftliche Waldnutzung inklusive Anlegen der Infrastruktur koste dagegen nur 15 Prozent der jährlich verschwindenden Fläche.
Tatsächlich ist der bundesrepublikanische Anteil am weltweiten Tropenholzgeschäft nicht besonders hoch. Zwar sind unsere Fenster überwiegend aus Meranti-Holz, die Bücherborde aus Limba, die Holz-Klodeckel wie die Schrankwände aus Mahagoni, die Frühstücksbretter aus Teak, die Besenstiele aus Ramin, die Holzbrücken und Eisenbahnschwellen aus Bongossi und auch Parkbänke, Bürstengriffe, Saunen, Holzspielzeug, Türschilder, Zigarrenkisten, Türen, Holz-Container, Lärmschutzwände und gar mancher Aussichtsturm ebenso wie prachtvolle Holzverkleidungen in Rathäusern, Tagungsräumen und Behörden nicht von hier. Trotzdem mache nach Angaben der Bundesregierung von allem in der BRD verbrauchtem Holz der Tropenholz-Anteil keine drei Prozent aus. Noch geringer ist der bundesdeutsche Anteil am weltweiten Handel mit diesen edlen Stämmen.
Zudem präsentieren die bundesdeutschen Tropenholzimporteure ihren Kritikern den selbstauferlegten „Verhaltenskodex“, in dem sie sich zu „nachhaltiger Nutzung“ der Wälder verpflichten. Danach würden aus einem bestehenden Biotop immer nur einzelne Stämme herausgeschlagen, diese schonend zu den Lagerplätzen transportiert, sodaß sich der Wald innerhalb kurzer Zeit über dieser Wunde wieder schließen kann.
Boykott: Nein Danke
Klack, ein neues Dia: „Der Tropenwald ist eines der robustesten Systeme“, weiß Hinrich Stoll. Wer angesichts dieses schonenden Einschlags dem Boykott das Wort rede, entziehe den Ländern der Dritten Welt lebenswichtige Devisen, mache die Holzarbeiter dort arbeitslos und steigere damit sogar den örtlichen Brennholzbedarf. „Und wenn wir denen kluge Ratschläge geben, dann sind wir in kurzer Zeit als Kolonialisten verschrien“, ruft er in den plastikgetäfelten Plöner Konferenzraum. „Die Schwarzen wollen doch auch Radios und Elektrizität.“
Vor kurzem hat ihnen der als eher konservativ geltende Freiburger Politologe Dieter Oberndörfer die Tour vermasselt (s. Interview). Er empfahl in seiner auf Bitten des Bundeskanzleramts verfaßten Studie der Bundesregierung, „durch Schuldennachlaß“ gegenüber den armen Ländern der Tropenwaldzone eine „Vorreiterrolle beim Schutz der Regenwälder“ zu übernehmen. Darüber hinaus sollte die Bundesregierung die Forderung nach einer „international verbindlich gesicherten Beschränkung oder sogar für ein Verbot des Imports tropischer Edelhölzer mit Nachdruck (!) in den internationalen Politikdialog einbringen“.
Damit machte er sich die Auffassung der Umweltverbände zu eigen. Robin Wood beispielsweise hatte immer wieder darauf hingewiesen: Selbst wenn nur fünf bis zehn Prozent der Bäume geschlagen werden, wird über die Hälfte der Waldfläche zerstört.
Ein Urwaldriese, der fällt, reißt andere Bäume mit. Durch Löcher im Kronendach prasselt der tropische Regen, und die Schneisen für den Abtransport werden das Öffnungstor für nachziehende Bauern.
Die Bonner Parteien setzen andere Akzente. Nur die Grünen fordern generellen Schuldenerlaß und Importverbot für Tropenhölzer, dazu einen Fond, in den die Industrieländer Kompensationszahlungen für ihre Ausplünderungen leisten.
Die Sozialdemokraten wollen die Primärwälder unangetastet lassen, eine Einschränkung des Tropenholzverbrauchs „soweit möglich“ und sezten vor allem auf das Modell des „Dept for Nature Swap“ (Schuldentausch für Umweltschutz), den etliche amerikanische Umweltverbände „als derzeit einzig realistisch“ vertreten. Die FDP propagiert, nach Absegnung durch den Holzimportverband, auf die „nachhaltige Nutzung“ und die Fortschreibung bisher getroffener internationaler Abkommen.
Dies ist auch die Linie des „Bundesministeriums für internationale Zusammenarbeit“ (BMZ). Deren Pressesprecher Manfred Opländer findet die Boykottbewegung angesichts der „geringen Bedeutung des Holzeinschlag“ nur „'ne Show“. Lieber verweist er auf das positive Beispiel Nepal, wo mit deutscher Hilfe ein Staudamm gebaut worden sei. Dort können die Menschen nun mit der umgewandelten Wasserkraft die von Bonn spendierten Kochplatten anschmeißen und brauchen nicht mehr das Brennholz aus dem nachwachsenden Wald nehmen.
Bonner Ministerien liebäugeln gar mit einer neuen Rolle für den Kanzler: Helmut Kohl soll mit einem „Kohl-Plan“ der ehrliche Makler zwischen den Fronten werden und als Retter des Tropenwaldes in die Weltgeschichte eingehen.
Mit Hilfe konservativer Teile der bundesdeutschen Umweltbewegung, so ist aus dem Bundeshaus zu vernehmen, will man nach Kräften den Tropenholzaktionsplan der UNO von 1985 befördern: Schaffung von besonders geschützten Biosphären, Aufbau von lokalen Forstbehörden und Einrichtung von Holzgroßplantagen zur Deckung des Weltbedarfs.
Klack, letztes Dia: „Ich kann sie nur einladen, sich von unserer nachhaltigen Forstwirtschaft zu überzeugen. Jeder, der es möchte, ist eingeladen, im Kongo, in Kamerun, in Zaire das zu sehen“, schließt Hinrich Stoll seinen Vortrag.
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